Tagesspiegel 11.03.05

8. Mai: SPD fordert Rücktritt von CDU-Mann Politiker spricht vom "tragischen Scheitern" der Deutschen im Krieg. Unionsführung verteidigt ihn

Kleinmachnow - Nach den Aussagen des Kleinmachnower CDU-Politikers Fred Weigert zum 8. Mai hat der SPD-Ortsverband dessen Rücktritt gefordert. Die Landes-SPD bezeichnete den 55-jährigen Architekten als „Anhänger der Neuen Rechten“. SPD-Landesgeschäftsführer Klaus Ness sagte, es sei auffällig, dass Brandenburger CDU-Mitglieder immer wieder mit Äußerungen auffielen, „die der Neuen Rechten zuzuordnen sind“. Die Brandenburger Unionsspitze dürfe nicht tolerieren, dass CDU-Politiker den Tag der Befreiung in Frage stellen.

Weigert hatte in einem Brief an den Grünen-Kreistagsabgeordneten Axel Mueller den Begriff „Befreiung“ als „Ulbrichtsche Reminiszenz“ bezeichnet und geschrieben: „Die Deutschen sind im vorletzten Teil des europäischen Bürgerkrieges tragisch gescheitert.“ Weigert verteidigte diese Wortwahl gestern. Er habe an den klassischen Begriff der Tragödie gedacht. Auf die Frage, ob er das „Scheitern“ also als „schicksalhaft“ auffasse, sagte Weigert: „Der Satz war nicht als Relativierung der Nazi-Verbrechen gedacht.“

CDU-Landeschef Jörg Schönbohm sieht in der Angelegenheit keinen Handlungsbedarf. „Das ist eine Sache der Ortspartei und nicht des Landesvorstandes.“ Er sei zwar Mitglied im Ortsverband Kleinmachnow, beteilige sich aber dort nicht an der Parteiarbeit. Auch CDU-Generalsekretär Sven Petke sieht „keinen Grund, sich von Weigert zu distanzieren“. Die Forderung des Kleinmachnower SPD- Ortschefs Frank Nägele, Weigert solle sein Mandat niederlegen, nannte Petke „Schwachsinn“. Weigert habe als Mitglied des Heimatvereins einen „privaten Brief“ verfasst. So sieht es auch Maximilian Tauscher, CDU-Ortschef in Kleinmachnow.

In seinem Brief habe er dem Grünen Mueller „eine Denkanregung geben wollen, wie man sich mit dem Thema 8. Mai sachlich und angemessen befasst“, sagte Weigert. Daher habe er dem Schreiben auch einen Aufsatz des Historikers Karlheinz Weißmann beigefügt. Weißmann wird in einer 2004 veröffentlichten Dokumentation des Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen als „Protagonist der Neuen Rechten“ bezeichnet. Er sei Mitbegründer und Chefideologe des „Instituts für Staatspolitik“, einer neurechten Bildungsschmiede für Studenten und Akademiker.

Für Schönbohm ist der Maßstab für die Bewertung des 8. Mai die „großartige Rede“ von Weizsäckers . „Der 8. Mai hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.“ ma/mne