PNN 8.5.14
Am Sowjetdenkmal in Dreilinden wurden neue Info-Tafeln errichtet. Dabei gibt es noch mehr zu erzählen – vom Panzer in Zehlendorf
Kleinmachnow - Die Meldung war nur zehn Zeilen lang. „Russisches Denkmal eingeweiht“, teilte der Tagesspiegel am 20. Oktober 1945 seinen Lesern mit. In Zehlendorf, an der Kreuzung von Potsdamer Chaussee und Avus, sei ein Denkmal für die Gefallenen der Panzerarmee des Generals Leljusenko enthüllt worden, in Anwesenheit hoher sowjetischer, amerikanischer und britischer Militärs sowie von Vertretern deutscher Behörden.
Damals fast eine Alltagsnachricht, ungewöhnlich nur, weil das Denkmal, ein Sowjetpanzer auf einem Sockel, im amerikanischen Sektor stand. Aber es war beschlossen worden, bevor das US-Militär nach Berlin gekommen war, und der Kalte Krieg war noch nicht ausgebrochen.
Mit einer harmonischen Zeremonie begann also die Geschichte des Mahnmals, das sollte sich bald ändern. Ja, es wurde sogar zum Streitobjekt zwischen West und Ost, musste schließlich weichen, zog ein erstes, ein zweites Mal um, wurde zuletzt entmilitarisiert – ein für die Berliner Geschichte der letzten 70 Jahre beispielhafter Prozess. Doch zu lang und windungsreich, um auf den drei Metalltafeln der am Dienstag eröffneten, von der Gemeinde Kleinmachnow initiierten Freiluftausstellung am „Panzerdenkmal“ von Dreilinden mehr als nur angerissen zu werden. Zum Glück war die Historienschau zugleich Anlass zu einem spannend zu lesenden Begleitbuch, das der Metropol-Verlag herausgebracht hat.Begonnen hatte die Geschichte also in Zehlendorf, auf dem Mittelstreifen der Potsdamer Chaussee, nahe der „Gedenkstätte 17. Juni 1953“. Heute ist das eine etwas verwahrloste Grünanlage mit Holzkreuz, Gedenktafeln und einem Gedenkstein für die Sowjetsoldaten, die nach dem Volksaufstand wegen Befehlsverweigerung hingerichtet worden sein sollen. Dass sie sich genau dort, weit weg vom Ort der dramatischen Geschehnisse von 1953, befindet, lag genau genommen am Panzer.
Es war nicht der von Dreilinden, kein T 34, sondern ein „Josef Stalin“ genannter Typ. Bei den West-Berlinern war das Denkmal vor dem Hintergrund der zunehmend vereisenden politischen Lage bald verhasst, es gab mehrfach Attacken auf das stählerne Monstrum, das sogar mit Benzin übergossen und angezündet wurde. Die Amerikaner drängten die Russen, das Denkmal abzubauen, bauten sogar einen Schutzkäfig drumherum, um weitere Attacken zu verhindern. Die Sowjets wiederum konterten mit der Behauptung, es seien dort zehn bei den Kämpfen im Südwesten der Stadt gefallene Rotarmisten begraben, die wolle man in ihrer Totenruhe nicht stören.
Dieses weltpolitische Fingerhakeln ging Jahre hin und her, spitzte sich kurz nach dem 17. Juni zu: West-Berliner Jugendliche schleppten ein Kreuz zum Panzer und stellten es dort demonstrativ auf, Vorgänger der später vom „Komitee 17. Juni 1953“ initiierten Gedenkstätte.
Schließlich wurde es den Sowjets doch zu bunt, und sie stimmten dem Abbau des Panzers zu. Amerikanische Pioniereinheiten hoben ihn Anfang Mai 1955 herunter und brachten ihn zum Bahnhof Wannsee, wo er mit unbekanntem Ziel abtransportiert wurde. Gebeine gefallener Rotarmisten fand man beim anschließenden Abbruch des Sockels nicht. Ein neuer Panzer stand aber schon bereit, diesmal der bekannte T 34, der jahrzehntelang alle Transitreisenden an der A 115 kurz vor Erreichen der West-Berliner Stadtgrenze begrüßte.
Er wurde auf einem neu gebauten Sockel gehoben, schon damals direkt neben der Autobahn. Als aber 1969 der DDR-Grenzübergang Drewitz neu gebaut und die Fahrbahn teilweise verlegt wurde, musste der Panzer erneut umziehen, bekam den Sockel, der noch heute an der Autobahn steht, nun von einer Schallschutzwand halb verborgen.
Der Name „Panzerdenkmal“ hat sich erhalten, auch wenn dort seit 1990 kein Panzer mehr zu sehen ist. Die Sowjets hatten ihn mithilfe einer Berliner Firma heruntergehoben und abtransportiert. 1992 setzte der Berliner Künstler Eckhart Haisch eine rosa angestrichene Schneefräse sowjetischer Bauart auf den Sockel – eine mit allerlei Tücken verbundene Kunst-Geschichte, die Haisch im Begleitbuch zur Ausstellung schildert.
In der Gemeinde Kleinmachnow, seit einigen Jahren Eigentümer des mittlerweile geschützten Denkmals, hatte es im Vorfeld der Restaurierung darüber teilweise heftige Auseinandersetzungen gegeben. Auch das ist schon wieder Geschichte, und verglichen mit dem West-Berliner Streit um den ersten Panzer blieben die Auseinandersetzungen ohnehin moderat.
Einen Zaun gibt es aber auch jetzt, doch dient er nicht mehr der Abwehr von Benzinbomben, sondern von Sprayangriffen. Bislang erfolgreich.
Peter Boeger/Alexander Dowe (Hrsg.): Panzerdenkmal Berlin-Dreilinden. Geschichte und Hintergründe. Metropol-Verlag, Berlin. 160 Seiten, 19 Euro
Nur wenige Gehminuten voneinander entfernt finden sich an der ehemaligen Grenzübergangsstelle bei Kleinmachnow drei Mahnmale der deutsch-deutschen Teilung: Neben dem Panzerdenkmal sind das die frühere Grenzstele an der Autobahn und ein DDR-Kommandantenturm. Um den Turm zu sichern, soll er noch in diesem Jahr in den Besitz der Gemeinde übergehen. Das sagte Bürgermeister Michael Grubert (SPD). Seit Jahren setzt sich der Verein „Checkpoint Bravo“ dafür ein, den Turm zu erhalten. Immer sonntags in der Zeit zwischen Mai und November kann der Turm von 11 bis 16 Uhr besichtigt werden. Die Denkmale sollen Teil eines Geschichtspfades werden, kündigte Grubert an. Der Rundweg führt bereits heute – noch etwas holprig – vom Berliner Mauerradweg nach Kleinmachnow. Erste Schautafeln stehen bereits. tor