PNN 26.4.14

Ausgekegelt

von Tobias Reichelt

Vor dem Aus. Seit Bekanntwerden der Umbaupläne für den Sportpark Kleinmachnow zu einem Reha- und Fitnesszentrum, bangen die Kegelsportler von „Blau-Weiß Kleinmachnow“ und „Fortuna Teltow“ um die letzte Spielstätte der Region Teltow.

Mit der Kleinmachnower Kegelbahn wird die letzte Spielstätte dieser Art aus der Region verschwinden

Kleinmachnow - Die Arme vor dem Bauch verschränkt, blickt Andreas Pfaff einer rollenden Kugel hinterher. „Spiel flacher, sonst klappt das nicht“, ruft er einem der schwitzenden Spieler an der hell erleuchteten Kegelbahn zu. Eigentlich ist der 56-Jährige heute nur Gast im Kleinmachnower Sportpark. Aber über 40 Jahre Kegelerfahrung lassen sich nicht verstecken. Die müssen raus, die müssen weitergegeben werden. So war es für Pfaff schon immer – doch so wird es wohl nicht mehr lange sein.

In der Region Teltow stehen zwei Traditionsvereine vor dem Aus. Seit Bekanntwerden der Umbaupläne für den Sportpark zu einem Reha- und Fitnesszentrum mit kleinem Hallenbad bangen die Mitglieder der Kegelvereine „Blau-Weiß Kleinmachnow“ und „Fortuna Teltow“ um die letzte Spielstätte dieser Art in der Region Teltow. Früher gab es dort noch ganze vier Bahnen. Bald keine mehr. Bereits im Dezember soll die Kegel- und Bowlingbahn in den Kiebitzbergen nach Angaben des Sportpark-Besitzers Matthias Paul geschlossen werden. Dort, wo noch die Kugeln rollen, wird wie berichtet künftig das Teltower Reha-Zentrum seine Praxen betreiben.

Mit Bange blicken deshalb die Kegelvereinschefs Andreas Pfaff für Kleinmachnow und Jens-Erik Siedentopf für Teltow dem Jahresende entgegen. „Für uns wird es wohl das Aus bedeuten“, sagt Pfaff. Alternative Bahnen sind rar. Die nächsten gibt es erst in Berlin und Potsdam. Gerade den älteren Mitgliedern sei das zu weit weg. Sie werden sich dann wohl nur noch zum gemütlichen Beisammensein treffen, ohne Kegeln.

Diese Befürchtung hat auch der Teltower Vereinschef Siedentopf. Für seine Mitglieder sei ein Umzug in eine andere Trainingsstätte auch eine Frage des Geldes. In Berlin und Potsdam werden doppelt so hohe Preise verlangt. „Das kann nicht jeder zahlen.“ Momentan liegen die Beiträge bei Fortuna bei moderaten 18 Euro im Monat. „Ich versuche, nicht drüber nachzudenken, was Ende des Jahres passieren wird“, sagt Siedentopf.

Der 48 Jahre alte Berufsschullehrer kegelt seit seinem 9. Lebensjahr. Siedentopf hat sich und seinen Verein zum Erfolg gekegelt. Die Fortuna spielt heute in der ersten Landesklasse und wäre in dieser Saison fast in die Landesliga aufgestiegen, die höchste in Brandenburg. „Nur ein Holz hat uns gefehlt“, sagt Siedentopf. Das drohende Vereinsaus habe das Aufstiegsrennen in den Hintergrund rücken lassen. „Ich fühle mich wie in einer Schockstarre.“ Siedentopf will nicht der letzte Vorsitzende sein, der alles auflösen muss – und doch hat er sich schon in das Thema Vereinsliquidation eingelesen.

Beide Kegelvereine blicken in der Region auf eine lange Tradition zurück. Ihre Vorgänger wurden in den 50er- und 60er-Jahren gegründet. Als Betriebssportgemeinschaften der Carl-von-Ossietzky-Bauelementewerke und des Geräte-und-Regler-Werks kegelten in Teltow und Kleinmachnow nach Feierabend bis zu 300 Arbeiter. In Handarbeit haben sie ihre Kegelbahnen damals erbaut. Sie sind schon lange verschwunden, nur Kleinmachnow ist als Neubau geblieben. Aus einer zweiten vor Jahren in Teltow geplanten neuen Anlage ist nichts geworden. „Die Pläne liegen noch in den Schubläden des Rathauses“, so Siedentopf.

Nach dem Fall der Mauer schrumpften die Mitgliederzahlen der beiden Kegelvereine auf heute zusammen noch 38. „Wir erfüllen als Verein aber immer noch eine soziale Aufgabe“, sagt Siedentopf. Jugendliche werden an den Verein herangeführt, sogar Sportler mit Behinderung können in Kleinmachnow kegeln. „Ich glaube, vielen ist gar nicht bewusst, dass hier Spielbetrieb auf Landesebene stattfindet.“ Etwas, auf das die Region stolz sein sollte.

Trotzdem haben die Kleinmachnower Gemeindevertreter erst im März mit einer Bebauungsplanänderung den Weg für den Umbau des Sportparks frei gemacht. Siedentopf und Pfaff setzen nun ihre letzte Hoffnung in die Kommunalpolitik. „Wir könnten die Kegelbahn in Kleinmachnow aus- und woanders einbauen“, schlägt Siedentopf vor. Es ist ein letzter Strohhalm. „Entweder wir finden schnell eine Heimstätte oder wir lösen uns auf.“