PNN 11.04.2014
Potsdam-Mittelmark - Der Landkreis könnte aus der Inklusion der Schüler in Regelschulen Kapital schlagen: Durch den Wegfall von Schülerspezialverkehren bei der Schließung von Förderschulen wären bis zu 1,2 Millionen Euro pro Jahr einzusparen. Das geht aus einer Modellrechnung hervor, die Sozialplanerin Britta Fraas dem Jugendhilfeausschuss des Kreises in dessen jüngster Sitzung vorstellte.
„Würden die drei öffentlichen Schulen mit dem Förderschwerpunkt Lernen geschlossen und die Schüler in die nächst gelegene Regelschule integriert, würde das Geld für den Spezialverkehr zur Förderschule wegfallen“, so Fraas. Betroffen wären die Förderschulstandorte Kleinmachnow, Werder (Havel) und Beelitz. Fraas zufolge sind die Schülerzahlen besonders in Beelitz rückläufig, weshalb hier bereits über eine Integration der Schule in die Oberschule nachgedacht werde.
In der Rechnung der Sozialplanerin, die auf einer Studie an der Grundschule Brück basiert, würden 209 der 288 Förderschüler an öffentlichen Schulen eine Monatskarte vom Kreis bekommen und müssten nicht mehr mit Sonderfahrten zur Förderschule gefahren werden. Außerdem würden 18 Schüler, die eine emotionale und soziale Entwicklungsstörung haben, an den normalen Schulen einen Einzelfallhelfer zur Seite gestellt bekommen, der sie jeweils 20 Stunden im Monat betreut und neben schulischen auch soziale Fähigkeiten der Schüler fördert. Für die 270 anderen Schüler sind in der Kostenaufstellung keine Ausgaben für weitere Unterstützungen an den normalen Schulen enthalten, da die Personalkosten größtenteils das Land tragen müsste. Dessen Kosten sind nicht aufgeschlüsselt worden.
In dem Rechenmodell blieben im Landkreis zwei öffentliche Förderschulen für Schüler mit einer geistigen Entwicklungsstörung in Kleinmachnow und Bad Belzig erhalten. Würden auch deren Schüler in Regelschulen integriert, gäbe es keine Einsparungen mehr. Der Kreis müsste sogar 820 000 Euro pro Jahr zusätzlich zahlen, um für die insgesamt 143 Schülern Einzelfallhelfer zu finanzieren.
Entscheidend für die Entwicklung der Inklusion im Kreis ist dem Gutachten zufolge die Klärung, wie weit Regelschulen mit zusätzlichem Fachpersonal ausgestattet werden müssen. Außerdem könnte sich in der Praxis ergeben, dass weniger Einzelfallhelfer nötig werden.
Die Modellrechnung von Britta Fraas ist laut Klaus Klemm, Mitglied des wissenschaftlichen Beirates des Bildungsministeriums des Landes, methodisch ausgesprochen gründlich und überzeugend. „Mit dieser Rechnung liegt dem Kreis eine belastbare Darstellung der Entlastung oder Mehrkosten unterschiedlich weitgehender Inklusionskonzepte vor“, so Klemm in einem den PNN vorliegenden Schreiben. Die Untersuchung sei ein Ansatz zur Kostenermittlung, die auch für andere Regionen hilfreich sein könnte.
Laut Jugendhilfeausschuss-Mitglied Irina Günther (Linke) ist die geplante Inklusion von Schülern mit Lern- und geistiger Entwicklungsstörung der richtige Weg. Über Etappen müsse jedoch noch einmal debattiert werden. Verwaltungsmitglied Bodo Rudolph betonte, dass jetzt eine Grundsatzdiskussion anstehe, ob man Förderschulen erhalten soll oder nicht. „Es muss einen Masterplan über mehrere Jahre geben“, so Rudolph.
In Potsdam-Mittelmark ist die Inklusion laut Britta Fraas schon weit fortgeschritten. Mehr als die Hälfte aller Schüler mit Förderbedarf würden bereits an Regelschulen unterrichtet, das sei ein Spitzenwert in Brandenburg. Enrico Bellin