PNN 20.2.2014

Geschützt vor fremden Blicken

von Tobias Reichelt

In Kleinmachnow könnte die Höhenbegrenzung für Gartenhecken und Zäune bald im ganzen Ort fallen

Kleinmachnow - Trautes Heim, Glück allein – oder dürfen es für die Nachbarn doch ein paar Einblicke sein? Kleinmachnows Eigenheimbesitzer leben derzeit ganz unterschiedliche Gartengepflogenheiten: Die einen schotten sich hinter hohen Hecken oder gar dunklen Plastikfolien vor fremden Blicken ab, die anderen präsentieren ihre Frühstücksteller für jedermann sichtbar hinter einer kurzen Hecke auf der Terrasse. Allerdings ist die Frage der Zaunhöhe im Ort keine der persönlichen Lebenseinstellung. In einigen Siedlungen ist die Höhe streng geregelt, in anderen nicht. Das soll sich ändern.

Rechtzeitig vor den Kommunalwahlen im Mai hat die SPD/Pro-Fraktion beantragt, die Höhenbegrenzung von Zäunen und Hecken aus allen Bebauungsplänen zu streichen. Ohnehin würden die festgeschriebenen Maße kaum beachtet, erklärte SPD-Politiker Jens Klocksin im Bauausschuss. Entweder wachsen die Hecken über die oft festgeschriebene Höhe von 1,30 Meter hinaus oder sie werden ergänzt durch Strohmatten. „Eine juristische Durchsetzung der Bebauungspläne würde mehr als die Hälfte der Haushalte mit Klagen überziehen“, so Klocksin.

Weil genau das auch einige Streithähne im Ort wissen, gibt es im Rathaus immer wieder Ärger mit Kleinmachnowern, die ihre Nachbarn verpfeifen oder bei Kontrollen erwischt werden. Etwa 20 bis 30 Prozent der vom Rathaus festgestellten Verstöße gegen das Planungsrecht gingen auf die falsche Höhe der Zäune und Hecken zurück, sagt Jörg Ernsting von der Kleinmachnower Bauverwaltung. Dabei sei im Ort ganz unterschiedlich geregelt, wie hoch die Thuja wachsen darf.

So dürfen Hecken und Zäune in den neuen Wohngebieten am Rathausmarkt gerade 1,20 Meter hoch sein. Die Zäune reichen also nur etwas höher als der Bauchnabel. In der Villenkolonie sei die Höhe lediglich an der Straße auf 1,30 Meter festgeschrieben. In der Eigenherd-Siedlung gibt es fast gar keine Vorgaben, die Siedlung ist schon sehr alt. Von insgesamt 75 Bebauungsplänen, die es für Kleinmachnow gibt, enthielten etwa 20 eine Regelung für die sogenannte Einfriedung.

„Es ist an der Zeit, der Lebenswirklichkeit Rechnung zu tragen“, sagte Klocksin. Mit der Legalisierung der zu hohen Hecken würde Rechtssicherheit geschaffen. Das bringe auch Vorteile für das Rathaus: weniger Kontrollen, weniger Stress mit den Nachbarn und mehr Zeit für die wirklich wichtigen Bauvergehen im Ort.

Kornelia Kimpfel (AfD) begrüßte den Vorstoß der SPD. „Ein Stück Bürgerfreundlichkeit täte uns gut“, sagte sie im Ausschuss. Sie könne sehr gut verstehen, dass nicht jeder am Gartentisch von den Nachbarn beobachtet werden wolle. Auch Angelika Scheib (CDU) kann den Wunsch nach einer individuellen Heckengestaltung im Ort nachvollziehen. Ihre Sorge ist allerdings, dass dann bald flächendeckend hohe Bretterzäune die Grundstücksgrenzen zieren.

Axel Mueller (Grüne) mahnte indes ein Mehr an Miteinander an: „Viele Bürger wollen mit den Menschen auf der Straße oder den Nachbarn eine lockere Kontaktaufnahme haben.“ Gerade ältere Menschen seien im Notfall womöglich auf die Hilfe des Nachbarn angewiesen. Doch wenn der seine Hecke gedeihen lässt, kann er den möglicherweise verletzten Rentner von nebenan nicht mehr sehen. „Ich will keine stärkere Individualisierung“, sagte Mueller deshalb.

Bauausschusschef Klocksin beschwichtigte: „Ich habe keine Sorge, dass sich die Kleinmachnower einmauern.“ Das sei auch in anderen Kommunen nicht geschehen, die keine Höhenvorgaben haben.

Tatsächlich bleibe zum Beispiel der Bau einer Grundstücksmauer auch nach der Änderung der Höhenvorgaben verboten, erklärte Bauverwaltungsexperte Ernsting. Allerdings warnte er vor Mega-Hecken. Sollte die Begrenzung fallen, wären Hecken erst ab einer Höhe von zwei Metern genehmigungspflichtig. Häuslebauer mit entsprechend großen Grundstücken könnte ihre Thuja dann auf einer Länge von neun Meter auf bis zu drei Metern Höhe sprießen lassen.

Wer ein besonders großes Bedürfnis nach Privatsphäre und ein besonders großes Grundstück hat, könnte die Hecke dann sogar in drei Metern Entfernung zur Grundstücksgrenze noch über die Höhe von drei Metern hinauswachsen lassen – sogar rings um das Haus herum.

Die endgültige Entscheidung über Wohl und Wehe am Kleinmachnower Gartenzaun sollen die Gemeindevertreter am 20. März fällen können.