PNN 1.2.2014

Die Kirche kommt ins Dorf

von Tobias Reichelt

Kleinmachnow - Nun also doch: Die Evangelische Kirche Kleinmachnow kann umziehen. In ihrer Sitzung am Donnerstagabend haben die Kleinmachnower Gemeindevertreter den umstrittenen Neubauplänen für ein Kirchenzentrum im historischen Ortskern mehrheitlich zugestimmt. 16 von 26 anwesenden Politikern gaben grünes Licht für einen Bebauungsplan, der die Rahmenbedingungen für das zweistöckige Gebäude am Zehlendorfer Damm schafft. Es soll dort in direkter Nachbarschaft zur alten Dorfkirche entstehen und rund zwei Millionen Euro kosten.

Pfarrerin Elke Rosenthal zeigte sich nach der dreistündigen Debatte, in der sich zu Beginn auch zahlreiche Bürger zur Wort gemeldet hatten, glücklich und erschöpft. „Ich bin erleichtert“, sagte die Pfarrerin. Mit der Entscheidung sei ein Schlusspunkt in der Debatte gesetzt worden – an der zuletzt große Teile des Ortes fast zu zerbrechen drohten.

In den vergangenen Wochen hatten Gegner und Befürworter des Neubauprojektes mit zum Teil ungewöhnlichen Mitteln für ihre Argumente geworben. Landschaftsschützer und Historiker hatten zu Demonstrationen aufgerufen und in kurzer Zeit rund 1250 Unterschriften gesammelt. Auch die Kirche verteilte erstmals einen Gemeindebrief an alle Kleinmachnower Haushalte, um darin kritische Fragen zu beantworten. Als es nun im Rathaus um die Entscheidung ging, hatten sich so viele Gäste wie schon lange nicht mehr zur Gemeindevertretersitzung eingefunden. Freie Sitzplätze gab es keine, viele Menschen mussten stehen. Die Platznot war fast so groß wie in den alten Räumen der Evangelischen Kirche. Dort müssen zum Beispiel an Weihnachten Platzkarten für die Andachten verteilt werden. Das soll sich bald ändern.

Angesichts der auf knapp 5500 Mitglieder gewachsenen Kirchengemeinde warb Bürgermeister Michael Grubert (SPD) für den Bau des neuen Kirchenzentrums. Er rief gleichzeitig dazu auf, die entstandenen Gräben zwischen Befürwortern und Gegnern zu füllen. „Wir sollten uns über den Kirchenbau nicht zerstreiten“, so Grubert. Am alten Dorf werde etwas entstehen, das gut für Kleinmachnow sei und die ehrenamtliche Arbeit der Kirche beleben könne. Darüber hinaus werde nicht nur dem Bau zugestimmt, sondern auch die Natur geschützt. So soll unter anderem der Machnower See neue Zugänge erhalten.

Gestritten wurde dann aber doch. Jörg Dorowski von der Initiative „Bewahrt Kultur und Natur“ erinnerte an die zahlreichen Kleinmachnower, die sich mit ihrer Unterschrift gegen den Neubau ausgesprochen haben. Ursula Theiler vom Förderverein Buschgraben / Bäketal warnte vor einem Parkplatzproblem am neuen Kirchsaal. An 24 Tagen im Jahr kann die Kirche zu Großveranstaltungen einladen, zuvor war von 10 Tagen die Rede. Theiler befürchtet viel Verkehrslärm.

Gemeindevertreter aus fast allen Fraktionen haben ihre Probleme mit dem Neubau. Barbara Sahlmann (Grüne) sieht die grüne Oase am Dorf verbaut. Kornelia Kimpfel (AFD/freie Liberale) appellierte an die Kirche, einen Rückzieher vom Bau am Ortsrand zu machen: „Ältere Menschen kommen nicht zum neuen Gemeindezentrum.“ Jens Klocksin (SPD) warb für eine Änderung der Baupläne, um das neue Haus in die Form des früheren Gutshofes der Familie von Hake zu bringen, der dort am Dorf einst stand. Doch sie alle appellierten vergeblich.

„Wir brauchen jetzt ein Ergebnis“, sagte CDU-Politiker Ludwig Burkardt. Die Kirche sei auf viele Bedenken eingegangen und habe um- und deutlich kleiner geplant, sagte auch Wolfgang Nieter (CDU). Frank Musiol (WIR) warb um eine Sachdiskussion und der Vorsitzende der Gemeindevertretung, Klaus-Jürgen Warnick (Linke), forderte alle Parteien auf, die demokratische Entscheidung zu respektieren. Nach der Abstimmung kündigte Roland Templin (BiK) indes an, den Bebauungsplan der Kommunalaufsicht zur Prüfung vorlegen zu wollen. Er hält ihn für rechtsfehlerbehaftet.

Pfarrerin Elke Rosenthal hofft trotzdem, dass sich die Wogen nun glätten. Auch innerkirchlich wolle sie auf Kritiker zugehen. Im nächsten Schritt würden Fragen der Finanzierung des Neubaus mit der Landeskirche besprochen. Noch in diesem Jahr soll es einen Architekturwettbewerb geben. Geht es nach der Pfarrerin, soll das neue Kirchenzentrum neben der alten Kirche Ostern 2016 eröffnen – so könnte das neue Haus wie schon das alte Gemeindezentrum am Jägerstieg zur „Auferstehungskirche“ werden.