PN 30.1.2014
Vor der heutigen Abstimmung über das Evangelische Gemeindehaus in Kleinmachnow haben sich Befürworter und Gegner des Bauprojektes in Stellung gebracht
Kleinmachnow - In Kleinmachnow wird gern und lange gestritten – um Gehwege, Zebrastreifen und andere Bauten. Am heutigen Donnerstag soll nun in einem der größten Streitfälle der vergangenen Jahre eine Entscheidung fallen: Es geht um den Neubau eines Evangelischen Gemeindezentrums in Kleinmachnows historischem Ortskern. Im Vorfeld der Abstimmung der Gemeindevertreter im Rathaus haben sich Befürworter und Gegner in Stellung gebracht – mit zum Teil ungewöhnlichen Mitteln.
So hat die Evangelische Kirche jetzt erstmalig ihren monatlichen Gemeindebrief an alle Kleinmachnower Haushalte verteilt. Auf sechs Seiten des 20 Seiten starken Blattes versucht die Kirche darin die Argumente der Neubaugegner zu entkräften. „Wir wollen der Bevölkerung unseren Standpunkt klarmachen“, erklärte Pfarrer Jürgen Duschka.
Die Kirche wolle sich kritischen Fragen stellen, die von Landschaftsschützern, Historikern und Politikern aufgebracht wurden. Darunter zum Beispiel die nach dem Warum: „Warum muss überhaupt etwas verändert werden?“ Trotz Beschwerden über die Raumknappheit im jetzigen Gemeindezentrum am Jägerstieg scheint die Kirchenarbeit doch zu klappen. Pfarrer Duschka verneint. „Die Arbeitsbedingungen am Jägerstieg sind unheimlich schlecht.“Das 1930 erbaute Gebäude sei ursprünglich als Wohnhaus geplant gewesen, der Gemeindesaal nachträglich angebaut worden. Die Räume reichten nicht, die Zahl der Kirchenmitglieder im Ort hat sich in den vergangenen 20 Jahren auf 5500 fast verdreifacht. Zu Weihnachten müssen Platzkarten für die Andachten verteilt werden.
„Wir wollen die Zukunft der Gemeinde gestalten“, sagte Duschka. Das gehe nur in Nachbarschaft der alten Dorfkirche, nicht am Jägerstieg. Dort sei kein Platz zwischen der Wohnbebauung auf der einen und dem Bannwald auf der anderen Seite. Deshalb soll sich die inzwischen von Umweltamt und Denkmalbehörden abgesegnete, knapp 1800 Quadratmeter große Baufläche direkt am Zehlendorfer Damm befinden – auf den Grundmauern einer früheren Scheune des Gutshofes der Familie von Hake.
Die hatte dort einst die alte Hakeburg bauen lassen. Vom früheren Gutshof zeugt heute noch ein Tor. Der Rest wurde größtenteils zerstört und in den vergangenen Jahren von der Natur zurückgeholt. Genau das ist eines der Hauptargumente der Baugegner: Für das Kirchenzentrum werde ein Teil des Landschaftsschutzgebietes aufgegeben, historische Gemäuer im Boden unwiederbringlich zerstört.
Der Rückhalt für Umweltschützer und Geschichtsfreunde ist groß. Knapp 1250 Unterschriften haben sie in den vergangenen zweieinhalb Wochen gegen das Bauprojekt gesammelt, sagte Jörg Dorowski, Sprecher der Initiative „Bewahrt Kultur und Natur in Kleinmachnow“. „Beim Einsammeln der Unterschriften ist uns viel Sympathie und Solidarität entgegengebracht worden.“ Auch weil viele finden, die Kirche ziehe vom Kleinmachnower Zentrum an den Ortsrand.
Sogar eine Demonstration bei Minusgraden hatte die Initiative deshalb organisiert und einen offenen Brief an die Haushalte verteilt. Dorowski ist überzeugt, dass die Mehrheit der Kleinmachnower und auch viele Kirchenmitglieder das Projekt am Dorfkern ablehnen. Von den Kirchgängern sollen sich einige inzwischen sogar an den Superintendenten des Kirchenkreises Teltow-Zehlendorf gewandt haben.
Sicher scheint, dass auch einige Gemeindevertreter am Donnerstag bei ihrem Nein zum Kirchenbau bleiben werden. SPD-Politiker Jens Klocksin hat indessen mit anderen Mandatsträgern einen Änderungsantrag zum zur Abstimmung stehenden Bebauungsplan eingebracht. Demnach soll die Baufläche für das Kirchenzentrum auf die Maße der früheren Scheune des historischen Gutshofes verkleinert werden. Auch eine Verschiebung der Abstimmung ist möglich.
Aus Sicht von Pfarrer Duschka zielt Klocksins Antrag darauf, den Neubau zu verhindern. Der Kirchenmann spricht deshalb von einer scheinheiligen Diskussion. Trotzdem will er die Ruhe bewahren. Die Mehrheit der Gemeindevertreter stehe wohl hinter dem Projekt, sagte Duschka. Das auch, weil die Kirche kleiner bauen werde als noch vor Jahren geplant. Stimmen die Kommunalpolitiker in der heutigen Sitzung ab 18 Uhr dem Bebauungsplan ohne Änderung zu, hätte die Kirche die wichtigste Hürde auf dem Weg zum neuen Kirchenzentrum genommen. Für diesen Fall soll es anschließend einen Architekturwettbewerb geben. „Wir wollen versuchen, alle Menschen mitzunehmen“, sagte Duschka.