Die Polizei hatte davor gewarnt: Eine Serie von Einbrüchen erschreckt zum Herbstbeginn Kleinmachnow. Dabei versuchen Anwohner, sich mit Hunden, Farbspuren und einer Bürgerwehr zu schütz
Kleinmachnow - Er hat gebellt und gebellt. Doch als die Diebe das Fenster zu dem Kleinmachnower Einfamilienhaus aufgehebelt hatten, sperrten sie den großen schwarzen Labrador kurzerhand in die Küche. Nein, sagt Kim Hoffmann, „Einbrecher lassen sich auch von Hunden nicht stoppen.“ Nicht in Kleinmachnow, erzählt die 21-Jährige und zuckt mit den Schultern. „Hier ist es für Diebe einfach zu verlockend.“ Bäume versperren die Sicht auf die Einfamilienhäuser, die tagsüber meist verlassen sind. Die Fluchtwege über die Autobahn sind kurz, die Beute vielversprechend. „Als Dieb würde ich auch hierher gehen.“
Die Polizei hatte gewarnt und recht behalten. Den Beginn der Herbstferien, in denen die Tage kürzer und die Nächte länger werden, haben Diebesbanden für zahlreiche Einbrüche im südlichen Berliner Umland genutzt. Allein am Wochenende zählte die Polizei in Kleinmachnow, Stahnsdorf und Teltow zehn Einbruchsversuche. Sechsmal waren die Täter erfolgreich: In Kleinmachnow suchten die Täter in vier Häusern nach Wertsachen, in Stahnsdorf wurde zweimal eingebrochen. Hält der Trend an, dürften die Einbruchszahlen in die Höhe schnellen. Dabei versuchen sich viele Anwohner zu schützen – immer öfter aber vergebens.
Hunde seien schon lange kein sicherer Schutz vor Einbrüchen mehr. Das erzählt auch Marcus Seewald vor der Tür seiner Arbeitsstätte in Kleinmachnow. Als der Stein durch das Fenster des kleinen Ingenieurbüros flog, blieben die Hunde ruhig. Zum Glück, sagt Seewald und verschränkt die Arme vor der Brust. „Einen dicken Knüppel hatten die Einbrecher bereitgelegt.“ Hinterher habe die Polizei zudem einen Campingstuhl im Gebüsch gefunden. Regelrecht bequem hatten es sich die Täter gemacht, um das Haus auszuspähen.
Fälle wie diese sind keine Seltenheit in Kleinmachnow. Wer in den engen Siedlungen Einbruchsgeschichten sucht, wird schnell fündig. Oft kamen die Diebe durchs Fenster. Sie durchsuchten das Haus, rissen Betten auf, schütteten Schubladen aus. Einige gingen bis in den Dachboden, pulten an der Wärmedämmung. Andere nahmen die Schubkarre vom Hof samt Wandtresor aus dem Schlafzimmer mit. Alles passiert in Kleinmachnow.
Mindestens zwei Banden seien derzeit in der Region Teltow aktiv, heißt es von der Polizei. Woher sie kommen? Dazu wollen die Ermittler nichts sagen. „Wir wollen uns nicht in die Karten schauen lassen“, so Polizeisprecherin Jana Birnbaum. „Spielen Sie bloß nicht den Helden“, warnt sie für den Fall, dass man im Schlaf von den Dieben heimgesucht wird. Auch das kommt immer öfter vor. Die Zahl der Kontrollen sei gestiegen. Zivilpolizisten, die Landes- und Bundespolizei sowie der Zoll arbeiteten eng zusammen.
Trotzdem wird die Region die Diebe nicht los. So zählte die Polizei in Kleinmachnow im vergangenen Jahr 97 Einbrüche, in Teltow 66 und in Stahnsdorf 53 – allein im ersten Halbjahr 2013 waren es in Kleinmachnow wieder 65 Einbrüche, in Teltow 42, in Stahnsdorf 32. Weil die Zahlen nicht sinken, hatte der Chef der Polizeiwache in Teltow, Axel Sander, die Anwohner gewarnt. Viele gingen zu leichtsinnig mit ihrem Eigentum um.
Jürgen Glindemann kann das bestätigen. Seit 15 Jahren ist er in Kleinmachnow für die Sicherheitspartnerschaft aktiv. Zu dem Bündnis gehören neun Anwohner, die von der Polizei geschult wurden und so oft wie möglich durch den Ort gehen. Ihre einzigen Waffen sind ein geschulter Blick und ein heißer Draht zum Revier. Auch die Sicherheitspartner fühlen sich zunehmend machtlos. Früher gab es Schwerpunkte, die sie kontrollierten. Inzwischen sei ganz Kleinmachnow betroffen. Mindestens 20 Leute müssten sie sein. Doch die Partnerschaft quält sich mit Nachwuchssorgen. Im Schnitt sind die Helfer 66 Jahre alt.
„Das A und O bei der Einbrecherabschreckung sind aufmerksame Nachbarn“, sagt Glindemann. Doch vor allem neu zugezogene Kleinmachnower zeigten wenig Interesse. Leichtsinnig seien einige obendrein: Fahrräder werden nicht angeschlossen, Leitern stehen offen auf dem Grundstück, das teure Auto auf der Straße. Wer die Diebe so lockt, müsse sich nicht wundern, sagt Glindemann. Fallen den Sicherheitspartnern solche Gedankenlosigkeiten auf, sprechen sie Anwohner an, zeigen ihren Ausweis vor und geben Hinweise.
Auch das Kleinmachnower Rathaus versucht, die Einbrecher abzuschrecken. Dort können Einwohner Sets mit künstlicher DNA kaufen, für 45 Euro das Stück. Die einzigartigen Farbkleckse auf den Wertsachen sollen den Diebstahl vermiesen. Schilder warnen die Einbrecher schon am Ortseingang. „Das wirkt“, sagt Glindemann. Den Schmuck seiner Frau hat er markiert. „Für den Ernstfall.“ Auch eine Alarmanlage und eine Videokamera hat der Rentner am Haus installiert.
Aber aus dem Haus eine Festung machen? So weit will der Kleinmachnower Karl Eberhardt nicht gehen. Schon eine Weile ist es her, dass die Einbrecher am helllichten Tag durch das Fenster in sein Haus am Waldrand stiegen. „Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht“, sagt Eberhardt. Wenn die Einbrecher wollen, kommen sie überall rein.
Kim Hoffmann und ihre Familie setzen hingegen auf Abschreckung. Zu schlimm wiegen die Erinnerungen an den Einbruch in die Privatsphäre. Eine Alarmanlage und helle Lichtstrahler schützen nun das Haus. Das habe sich bewährt, erzählt die junge Frau und streichelt über den hechelnden Labrador, der an der Haustür wartet. Bei einem zweiten Versuch haben sich die Diebe verschrecken lassen. Nur ihre Fußspuren fand man im Garten.
Infoveranstaltung zu DNA-Sets am 17. und 23. Oktober ab 19 sowie am 29. Oktober ab 18 Uhr im Rathaus Kleinmachnow