PNN 30.9.13
Kleinmachnows Ehrenamtler legen Konzept zum Einbau einer Wasserkraft-Turbine vor
Kleinmachnow - Es rauscht und sprudelt – doch Strom erzeugt das Wasser des Teltowkanals noch nicht. Dabei schlummert auf Kilometer 8,34 direkt unter der Kleinmachnower Schleuse seit über 100 Jahren eine ungenutzte Energiequelle. Eine Röhre, so groß, dass ein Lkw hindurchfahren könnte. Vier Meter breit, sechs Meter hoch, sechzig Meter lang und gut gefüllt mit dem Wasser der Spree. Sekündlich rauschen etwa 8,6 Kubikmeter Wasser durch die Rinne, das ist so viel, dass man damit in knapp fünf Minuten ein olympisches Schwimmbecken füllen – oder aber Jahr für Jahr 450 Haushalte mit Strom versorgen könnte.
Die Kleinmachnower Schleuse könnte zum Wasserkraftwerk umgebaut werden. Eine Turbine, eingebaut im Durchflussgerinne des denkmalgeschützten Schleusenbaus, soll mithilfe der Kraft des Teltowkanals in Kleinmachnow Backöfen zum Glühen bringen, Wohnzimmer erleuchten oder Elektroautos aufladen. Davon sind die Mitstreiter der Lokalen Agendagruppe „Energie und Klimaschutz“ überzeugt. Dazu zählen unter anderem der Energieberater Josef Raab und die Gemeindevertreter Andrea Schwartzkopf und Axel Mueller. Für ihren ehrenamtlichen Einsatz für das Projekt wurden sie jetzt vom Landkreis Potsdam-Mittelmark mit dem Innovationspreis für erneuerbare Energien ausgezeichnet.
Axel Mueller zeigt auf eine Luftbildaufnahme der Schleuse. Aus der Höhe ist zu sehen, was auch bei einem Spaziergang über die Schleusenbrücke auffällt: Wer an der westlichen Schleusenseite einen Blick über das Geländer wirft, kann beobachten, wie das Spreewasser von der einen Schleusenseite zu der anderen aus der Röhre in Richtung Havel schießt. „Wir sind auf der Suche nach einem Investor, der diese Wasserkraft nutzen will“, sagt Mueller. Rund 1,6 Millionen Euro müsste der für den Kauf und den Einbau der Turbine mitbringen. Eine Investition, die sich nicht nur für die Umwelt lohnen soll.
Gemeinsam mit Studenten der Berliner Beuth Hochschule unter Leitung von Professor Christoph Pels Leusden hat die Projektgruppe eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung zum Einbau der Wasserkraftanlage anfertigen lassen. Deren Fazit: Das Geld wäre für eine Wasserkraftturbine sinnvoll angelegt. Das lässt sich in Zahlen und Fakten belegen.
Zum einen wäre das gewaltige Durchlaufgerinne baulich geeignet, um dort eine Turbine zu installieren. Die Maschine könnte so montiert werden, dass sie den Denkmalschutzbestimmungen entspricht, die auch im Keller der Schleuse gelten. Bei einer mittleren Durchflussgeschwindigkeit von 8,6 Kubikmetern pro Sekunde und einem Gefälle von knapp drei Metern würde die Turbine im Jahr 1,6 Millionen Kilowattstunden Strom erzeugen – eben genug, um 450 Haushalte zu versorgen. Jährlich knapp 200 000 Euro Gewinn würde das Wasserkraftwerk erwirtschaften.
Das Thema ist nicht neu, die Zahlen schon, sagt Axel Mueller. Bereits in den 90er-Jahren hatte es in Kleinmachnow Ansätze für ein Wasserkraftprojekt an der Schleuse gegeben. Als die Wohnsiedlung am Stolper Weg entstand, hatte man über eine ökologische Versorgung der Häuser nachgedacht. Doch die bürokratischen Hürden waren sehr hoch und sind es noch immer, sagt Mueller. In der Vergangenheit habe das dazu geführt, dass Investoren das Weite suchten. Nicht so die Ehrenamtler. Die Kleinmachnower blieben in den Verhandlungen mit dem Wasser- und Schifffahrtsamt hartnäckig und versuchten, eine Hürde nach der anderen zu nehmen. Nun stünden sie kurz vor dem Ziel. Noch in diesem Jahr könnte die Behörde als Eigentümer der Schleuse auf Grundlage der neuen Wirtschaftlichkeitsberechnung ein Interessenbekundungsverfahren starten, sagt Mueller.
Der Energieberater und Agendamitstreiter Josef Raab will die Euphorie vorerst noch bremsen. „Es ist ein relativ kleines Projekt.“ Es seien zwar Gewinne zu erwarten, aber erst müsse sich zeigen, ob die Investoren locken. Deshalb wollen die Wasserkraftbefürworter auf die Umweltschützer der Region setzen. In einer Art Genossenschaftsmodell könnte der Einbau der Turbine zum Gemeinschaftsprojekt avancieren, ähnlich wie bei der Bürgersolaranlage auf dem Dach der Kleinmachnower Gorki-Gesamtschule.
Bis es jedoch tatsächlich ans Geld einsammeln geht, seien noch einige rechtliche Hürden zu nehmen, sagte Raab. Gespräche mit dem Wasser- und Schifffahrtsamt soll es in den kommenden Wochen geben. So müsse sichergestellt werden, dass Fische die Schleuse unbeschadet passieren können und nicht in der Turbine zu Fischhack verarbeitet werden. Eine Möglichkeit wäre der Bau einer Fischtreppe, so Raab. Ein solches Projekt wurde im Kreistag bereits verhandelt. „Das Wasser- und Schifffahrtsamt ist dem Turbine-Projekt nicht abgeneigt“, sagt Raab.
Zudem hoffen die Agenda-Mitstreiter, dass der Einbau der Turbine kostengünstiger erfolgen kann, als es die Berechnungen der Beuth-Hochschule vorgeben, sagt Axel Mueller. Und selbst wenn mit dem Kraftwerk unter der Schleusnerbude nur wenig Geld zu verdienen sei, „es ist ökologisch auf jeden Fall sinnvoll“.