PNN 9.8.13
Stahnsdorfs Friedhofschef will jetzt Prominente um Spenden zum Schutz der historischen Anlage bitten
Stahnsdorf - Sie haben die wertvollen Kupferplatten vom Dach gerissen, alte Regenrinnen gestohlen und selbst vor historischen Grabinschriften, Reliefs, Mausoleen und Kunstwerken keinen Halt gemacht. Seit Metalldiebe den Stahnsdorfer Südwestkirchhof für sich entdeckt haben, ist die Totenruhe dahin. Um die Grabmäler zu schützen, hat Friedhofsverwalter Olaf Ihlefeldt jetzt zu Spenden aufgerufen. Ein 630 000 Euro teurer Sicherheitszaun soll die Schätze schützen.
Ausgestattet mit sensiblen Sensoren soll die zwei Meter hohe Stabmattenanlage Alarm schlagen, wenn sich Einbrecher wieder am Zaun mit Bolzenschneidern zu schaffen machen sollten oder versuchen über ihn hinweg zu steigen. Das Angebot stammt von einer Berliner Firma, die unter anderem auch schon den Forschungsreaktor in Berlin-Wannsee eingezäunt hat und für den Schutz des G8-Gipfels in Deutschland zuständig war. Zur Ansicht wurden bereits zwei große Zaunfelder am Haupteingang des 104 Jahre alten Friedhofs in der Bahnhofstraße aufgestellt, auf dem Berühmtheiten wie Werner von Siemens oder Heinrich Zille begraben liegen.
„Mit dem Zaun wollen wir unsere kunsthistorischen Werte schützen“, sagte Ihlefeldt gegenüber den PNN. Einziges Problem: Das Geld für die vier Kilometer lange Anlage rund um den 206 Hektar großen Friedhof hat der Verwalter nicht. „Der Friedhof kann aus der eigenen Tasche leider keinen Cent dazugeben.“ In der Hoffnung auf Spenden will sich Ihlefeldt deshalb jetzt an private Geldgeber wenden – vor allem an Prominente, die einen persönlichen Bezug zu der Anlage haben. So sind auf dem Südwestkirchhof auch die Verleger Louis-Ferdinand Ullstein oder Gustav Langenscheidt begraben, auch der Vater des Architekten und Bauhaus-Gründers Walter Gropius wurde hier bestattet. „Wir überlegen jetzt, welche Familien und Nachfahren wir überzeugend ansprechen können.“ Auch nach anderen Fördermöglichkeiten werde gesucht.
Wie nötig ein solcher Sicherheitszaun ist, macht ein Spaziergang über den Friedhof deutlich. Bereits zehnmal haben die Plünderer in diesem Jahr zugeschlagen. So oft wie schon lange nicht mehr. Der Stahnsdorfer Friedhof ist nicht alleine betroffen, auch dem Evangelischen Waldfriedhof in Kleinmachnow statteten die Kupferdiebe schon einen Besuch ab (PNN berichteten). Oft gingen die Einbrecher mit brachialer Gewalt vor. Kupferdächer, kunstvolle Kupferportraits und bronzene Grabinschriften die nicht niet- und nagelfest waren, nahmen sie mit. Bei ihren Beutezügen in Stahnsdorf beschädigten die Diebe mehrere Mausoleen. Die prunkvoll verzierten Grabstätten stehen im Wald nahezu unbeobachtet.
Erst ein gestohlenes Kupferportrait des Bildhauers Reinhold Felderhoff ist inzwischen wieder aufgetaucht, sagt Ihlefeldt. Ein Rentner aus Süddeutschland hatte es auf einem Trödelmarkt erworben und wollte es auf einer Kunstauktionsbörse im Internet weiterverkaufen. Dort fiel das Kunstwerk auf. Auf dem Kirchhof hängt nun eine Kopie des Portraits, das Original wird an einem sicheren Ort verwahrt.
Dass gestohlene Portraits, Inschriften oder Dachteile wiedergefunden werden, sei die Ausnahme. Die Friedhofsverwaltung bleibe fast immer auf dem Schaden sitzen, da es für viele der betroffenen Grabstellen keine Nachfahren mehr gibt. Nur notdürftig hat man die Grabstellen mit Plastikfolie geschützt. Ein Friedhof, besonders bei der Größe des Südwestkirchhofs, sei nachts kaum ohne moderne Sicherheitstechnik zu schützen, so Ihlefeldt. In den vergangenen Wochen hielten sich die Diebe zum Glück vom Friedhof fern. Das könne an den regelmäßigen Polizeikontrollen liegen oder daran, dass nicht mehr viel zu holen sei.
Die Schäden schmerzen den Kunstliebhaber. Doch was nütze eine Reparatur, wenn das Kupfer dann wieder auf dem Präsentierteller liegt? Ein neuer Zaun wäre vonnöten. Der 1991 aufgestellte Maschendrahtzaun ist an vielen Stellen löchrig, kann von Hand heruntergedrückt werden und ist auch für die Tiere ein gefundenes Fressen. Wildschweine und Rehe kommen immer wieder gern auf das Gelände, um am frischen Grabschmuck zu knabbern. Auch das soll der neue Zaun verhindern.