PNN 8.8.13
Kleinmachnow - Noch ist es nur eine neue Solaranlage auf dem Dach einer Sporthalle, aber es könnte bald mehr daraus werden. „Man muss das in der Vernetzung sehen“, sagt Thomas Kolb. Der Ingenieur lässt seinen Blick von der Halle an der Kleinmachnower Maxim-Gorki-Gesamtschule vorbei über den Sportplatz zur Kita schweifen. Von dort ist es nicht weit zum Jugendclub, dem Rathaus und dem Bauplatz der neuen Grundschule. Kleinmachnows Zentrum ist dicht bebaut mit kommunalen Einrichtungen – und wie geschaffen für den Ausbau regenerativer Energien, sagt Kolb. Er sprach gestern von einer „Kleinmachnower Energieinsel“.
Unabhängig von Preisschwankungen auf dem Strommarkt, von Energieriesen und dabei umweltfreundlich und wirtschaftlich: Am Mittwoch ist an der Förster-Funke-Allee schon mal eine neue Photovoltaikanlage eingeweiht worden. Solarpaneele auf dem Dach der Sporthalle sollen künftig die Hälfte des Strombedarfs der Gesamtschule decken. Das soll nur der Anfang sein: Windräder auf den Flutlichtmasten am Sportplatz, Solarmodule auf dem Rathaus, ein Blockheizkraftwerk und eine Photovoltaikanlage für die geplante Grundschule – in der Vernetzung wären alle kommunalen Gebäude rund um den Rathausmarkt mit Wärme und Strom versorgt, sagt Thomas Kolb. Es bliebe sogar noch Energie übrig.
Der Berliner Planer hat die neue Anlage auf dem Hallendach entworfen und weitergedacht. 160 000 Euro hat sie der Gemeinde gekostet, nach acht bis elf Jahren soll das Geld eingespielt sein. Würde Kleinmachnow sein Rathaus ebenfalls mit Solarpaneelen schmücken und ginge auch die neue dritte Grundschule mit Solar- und Blockheizkraftwerk ans Netz, spare die Gemeinde Stromkosten und erwirtschafte 111 Prozent des Strombedarfs. „Die Voraussetzungen sind perfekt“, sagt der Ingenieur und kann sich der Unterstützung des Bürgermeisters sicher sein. Michael Grubert (SPD) hält die „Energieinsel“ für eine interessante Perspektive. Geht die Rechnung auf, sei vielleicht sogar ein Elektro-Auto fürs Ordnungsamt drin. Eine Stromtankstelle am Rathaus gibt es ja bereits.
Vor drei Jahren hat sich Kleinmachnow mit seinem Klimaschutzkonzept zu verbindlichen Klimaschutzzielen verpflichtet. So soll der kommunale Kohlendioxid-Ausstoß alle fünf Jahre um zehn Prozent verringert, bis 2030 halbiert werden. Ein Zehn-Punkte-Programm sieht deshalb den Ausbau regenerativer Energie, Bürgerinformationen und Schülerprojekte vor. So haben die Schüler der fünften und sechsten Klasse der Kleinmachnower Eigenherdschule vor den Sommerferien auf dem Rad gemeinsam 7000 Kilometer zurückgelegt, statt mit Auto gefahren zu werden. Die Straßenlaternen wurden mit Energiesparleuchten ausgestattet, Strom kommt zu 100 Prozent aus Wasserkraftanlagen. Beim Sanieren von Kitas und Schulen wurden Wärmepumpen oder Solaranlagen installiert.
Vor über einem Jahr wurde Katharina List von Kleinmachnow und der Nachbarstadt Teltow zur gemeinsamen Klimaschutzmanagerin beauftragt. An einem Tag, an dem eine neue kommunale Solaranlage eingeweiht wird, kann die studierte Klimatologin mit dem Nasenpiercing zufrieden sein. Aber: „Der Weg ist lang und ich erlebe Rückschläge“, sagt sie. So gibt es in beiden Kommunen keine eigene Haushaltsstelle für den Klimaschutz. Das müsse sich ändern.
Auch die Anwohner könnten stärker mitarbeiten, sagt List. „Noch gibt es zu viele leere Dächer.“ Wer kein eigenes Dach hat, um darauf Solarpaneele zu schrauben oder zu wenig Geld, könne sich zumindest bei der neuen Energiegenossenschaft Bäketal engagieren, schlägt sie vor (PNN berichteten).
Andere Kommunen sind beim Umstieg auf erneuerbare Energien schon weiter. Das ergab eine Auswertung durch die Regionalplanung Havelland-Fläming im vergangenen Jahr. Zu wenig der in den Orten verbrauchten Energie kommt aus erneuerbaren Ressourcen. Zum Unmut vieler Energievorreiter der Region war zudem im Jahr 2011 die Gründung regionaler Stadtwerke gescheitert. Mit Blick auf Kleinmachnows neueste Solaranlage und die Perspektive einer Energieinsel würde sich Thomas Kolb jetzt wünschen, dass sich die Nachbarkommunen noch mal an den Energietisch setzen. Eigene Netze und eigener Strom – schnell könnte die kleine Insel zu einer Energieregion wachsen, schwärmt der Ingenieur.