PNN 7.8.13

Keine Angst vor dem Bus

von Tobias Reichelt

Havelbus-Mitarbeiter üben mit Senioren

Kleinmachnow - Keine Kraft in den Armen und dazu wackelige Beine. Vera Neuendorffs letzte Busfahrt war eine Katastrophe. „Ich kam kaum rein, die Leute mussten schieben“, erinnert sich die 83-Jährige. Sechs Jahre ist das Abenteuer her, doch jetzt will es die Neu-Kleinmachnowerin noch einmal wissen: Die Sonnenbrille vor den Augen, die Dauerwelle geföhnt, holt sie tief Luft. Dann ruckelt sie mit Rollator über die ausgeklappte Rampe in den blau-grauen Havelbus.

Um die Ängste Älterer vor dem Busfahren abzubauen, hatte das Verkehrsunternehmen Havelbus und die Potsdamer Verkehrswacht am Dienstag zu einem Sicherheitstraining für Senioren eingeladen. Vor dem Kleinmachnower Senvital-Pflegeheim konnten Rentner ihre Fertigkeiten mit dem Rollator testen und das Ein- und Aussteigen in einen Linienbus üben. Etwa 30 Senioren waren gekommen. Sie lernten, dass man den Bus mit Rollator am Besten rückwärts verlässt und auch, welche Knöpfe man drückt, wenn man den Fahrer um Hilfe bitten will.

So befindet sich der erste Hilfsknopf schon außen an der hinteren Bustür, erklärt Andreas Plessow den wartenden Rentnern. Der Personaltrainer von Havelbus drückt auf den blauen Taster, auf dem ein Kinderwagen abgebildet ist. Nur Sekunden später öffnet sich die Tür und Busfahrer Axel Gröpke empfängt seine Gäste, die über die rutschsichere Rampe zu ihm gelangen. Der Fahrer hilft gern, sagt Plessow, das gehört zum kundenorientierten Verhalten und das gilt auch für den Ausstieg. Ein blauer Knopf im Wagen, markiert mit einem Rollstuhlsymbol, ist dafür gedacht. Vergessen wird niemand, sagt Plessow. Ein lautes Tuten im Cockpit deutet dem Fahrer den Hilfswunsch an. Die Busse seien modern und sicher. Hohe Borde sorgen zudem dafür, dass man in der Region Teltow oft ebenerdig in das Fahrzeug steigen kann.

Rollstuhlfahrer sollten ihre Fahrten lieber anmelden. In vielen Bussen ist nur Platz für ein oder zwei Rollstühle. Rollatorschieber brauchen sich darum aber keine Gedanken machen. Für die kompakten Gehhilfen und ihre Fahrer sei immer ein Platz zu finden. So auch für Lena Günther. Die 86-jährige Kleinmachnowerin hat sich auch in den Bus gewagt, dabei hat sie schlechte Erinnerungen an ihren letzten Versuch. In der Hektik hatte sie der Busfahrer übersehen und ließ sie stehen. „Seit sieben Jahren bin ich nicht mehr gefahren“, sagt die Dame. Auch Vera Neuendorff ist skeptisch. Das Üben sei schön und gut, aber klappt das auch im Alltag? Bleibt da Zeit zu helfen?

Die Zeit muss sein, sagt Andreas Plessow. Durch den demografischen Wandel nutzen immer mehr Ältere Busse. Da jeder alt wird, will sich auch Havelbus stärker den Senioren widmen. Damit die ihre Ängste verlieren, bietet das Unternehmen auf Anfrage Schulungen und Probefahrten für Seniorenclubs an. Danach kann jeder für sich entscheiden.

Auch Vera Neuendorff hat entschieden: Das mit dem Linienbus ist nichts für sie. Zu beschwerlich sei das Ein- und Aussteigen, selbst im Rückwärtsgang. Aber vielleicht lasse sie sich wieder zu einem Tagesausflug mit Bus überreden. Das ist weniger hektisch. Tobias Reichelt