PNN 28.6.13

Flugroute über Wannsee nicht vom Tisch

Aus für Forschungsreaktor könnte Weg frei machen

Region Teltow/ Berlin - Noch ist es eine Rechnung mit vielen Unbekannten, aber die Wannsee-Flugroute für den BER ist längst nicht vom Tisch. Ein wichtiges Hindernis fällt in einigen Jahren weg. Das angekündigte Aus für den Forschungsreaktor Berlin-Wannsee könnte den Weg für Überflüge der Region wieder frei machen. Das Helmholtz-Zentrum will die Anlage 2020 abschalten. „Im Moment ist der einzige kritische Punkt der Reaktor, und dieser kritische Punkt ist dann weg“, erklärte der Direktor des Bundesaufsichtsamts für Flugsicherung, Niklaus Herrmann. Die Deutsche Flugsicherung müsse die Route aber neu vorschlagen.

Weil die Behörden das Absturz- und Anschlagsrisiko für Flüge über dem Reaktor nicht ermittelt hatten, hatte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) im Januar die umstrittene Flugroute gekippt. Sie hätte auch dazu geführt, dass Maschinen vom neuen Hauptstadtflughafen über Teltow, Stahnsdorf und Kleinmachnow, Zehlendorf und Wannsee abheben. Das Helmholtz-Zentrum will den Reaktor aber zum 1. Januar 2020 abschalten. Es braucht die Anlage nicht mehr, weil sich das Institut neu ausrichten will.

Die Deutsche Flugsicherung (DSF), die Flugrouten ausarbeitet, erklärte sich für nicht zuständig. „Wir sind nicht die Beklagten“, sagte DFS-Sprecher Axel Raab. Wenn das Aufsichtsamt aber einen entsprechenden Auftrag erteile, werde man tätig. Das würde bedeuten: Eine förmliche Planung der Route, Beteiligung der Fluglärmkommission, Bestätigung durch das Aufsichtsamt. Vorerst läuft die Revision des OVG-Urteils vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVG) in Leipzig. Einen Verhandlungstermin gibt es noch nicht.

Urteilt das BVG wie vorher das OVG, müsste sich das Aufsichtsamt etwas gedulden. Eine Festlegung würde vor 2020 kaum Sinn machen. Danach schon, erkennt selbst Flugroutengegner Matthias Schubert von der Bürgerinitiative Kleinmachnow an. Das Aufsichtsamt könne jederzeit die fehlende Risikoanalyse nachholen oder bis 2020 warten. „Für das aktuelle Verfahren spielt die Abschaltung keine Rolle.“ Schubert sieht in den Klagen gegen die Routen über Wannsee und Müggelsee nur einen von mehreren juristischen Hebeln. „Die Klage gegen das Planfeststellungsverfahren führen wir bis zum Bundesverfassungsgericht.“ Eine Verfassungsbeschwerde sei eingelegt. Notfalls werde man den Europäischen Gerichtshof anrufen. Über die vorgezogene Reaktorabschaltung sei er eigentlich froh, so Schubert.

Im Juni hatte das OVG festgestellt, dass für die Festlegung von Flugrouten keine Umweltverträglichkeitsprüfung nötig ist. Im Bundesrat läuft derzeit eine Initiative aus Rheinland-Pfalz, das Luftverkehrsgesetz zu ändern und bei der Festlegung von Routen Anwohner und das Umweltbundesamt künftig stärker einzubeziehen.dpa/loy