PNN 11.5.13
Zum 100. Geburtstag der Villa Patermann ist heute der Garten geöffnet. Er steckt voller Geschichten
Kleinmachnow - Seit einem Jahrhundert steht die Villa Patermann in Kleinmachnow. Strahlend zelebriert sie die gute alte Zeit und wirkt dabei unaufgeregt modern. Wie an der Fassade dominiert auch im Hausgarten das Weiß. Am heutigen Samstag ist aus Anlass des 100. Villen-Jubiläums der Staudengarten zum „Tag der offenen Gärten“ geöffnet. Das Haus, wenn es sprechen könnte, würde auch Geschichten erzählen von zwei Weltkriegen und einer Zeit, als der Garten von einer hohen Mauer verdunkelt war.
Als Familie Follmer-Greiff die Immobilie 2005 erworben hatte und behutsam zu sanieren begann, studierte sie alte Baupläne. Darauf waren einige Räume im Souterrain als Laboratorium gekennzeichnet. Bauherr Georg Patermann war ein Teltower Fabrikant. Das Gebäude ließ er 1912/13 vom Berliner Architekten Joseph Emster entwerfen. Mit seinen Brüdern Linus und Myro hatte er in Teltow die „Chemische Fabrik Gebrüder Patermann“ gegründet. Das Unternehmen firmierte einige Jahre später unter „Biomalz-Fabrik“.
Deren Erfolg war an der repräsentativen Villa im Landhausstil ablesbar, in deren Erdgeschoss sich neben Küche und Esszimmer auch ein Salon und ein Herrenzimmer befanden. Oben waren Schlaf- und Gästezimmer, im Dachgeschoss wohnte das Personal. Markant sind die dorischen Säulen, die die Veranda umrahmen.
Von hier führt eine Treppe in den romantischen Garten hinab, vorbei an einem Wasserfall. Passend zur Villa liegt der Gartengestaltung ein Farbkonzept zugrunde: ein Traum in Weiß. Jetzt im Mai dominieren Pfingstrose, Kirsche und Jasmin das Bild. Zu den zarten Schönheiten gehören auch Hornveilchen, Kirschlorbeerblüten, Flieder und Maiglöckchen. Auf den Beeten hat sich zudem die Crème de la Crème der Zwiebelblumen versammelt.
„Ich liebe weiß, das passt gut zu dem Haus“, sagt die neue Hausherrin Anja Follmer-Greiff. Auch ihr Mann Christian hatte sich statt englischem Rasen eine Gänseblümchenwiese gewünscht. Für den Gärtner war das eine schwierige Aufgabe, an sich sind akkurate Rasenteppiche gefragt. Die weißen Tupfer strahlen nun heiter aus sattem Grün und Familie Follmer-Greiff hofft, dass noch einige Blüten hinzukommen werden.
Vom einstigen Leben im Hause des Fabrikanten Georg Patermann erfuhr sie von dessen Enkel Wolf-Dietrich Patermann. Sein Vater Herbert habe immer geschwärmt vom Haus und der Landschaft rundrum, durch die sich der Buschgraben schlängelt. Für den Vater sei es der Inbegriff von Heimat gewesen, erzählt der freundliche ältere Herr mit den weißen Haaren im Gespräch mit den PNN. Das habe ihn neugierig gemacht, so stand er eines Tages mit seiner Frau Idisa in der Berliner Gartenkolonie am Buschgraben und versuchte, einen Blick auf Villa und Garten zu erhaschen. „Das war in den Siebzigern an einem Herbsttag, die Bäume waren kahl, aber wir sahen nur die Hälfte.“ Den Blick auf Veranda und Erdgeschoss versperrte ihnen die Berliner Mauer.
Das sahen sie alles erst nach der Wende, auch das Chauffeurshaus, in das Vater Herbert einst am liebsten selbst gezogen wäre. Es steht einige Meter hinter der Villa und sein Kubus gleicht ihr, auch wenn er viel kleiner ist. Das Chauffeurshaus steht jetzt auf dem Nachbargrundstück und wurde durch Umbauten stark verändert.
Ein Tunnel soll einst unter dem Garten hindurch von der Villa zum Chauffeurshaus geführt haben, um bei Regen trocken zum Auto zu kommen. Zudem zierte die Villa ein kleiner Turm, von dem der Großvater einst in die Sterne spazierte. Das Fernrohr hat der Enkel aufbewahrt, den Turm gibt es nicht mehr. Wolf-Dietrich Patermann glaubt, dass er im Zweiten Weltkrieg abgetragen wurde, um nicht als Flakstützpunkt bombardiert zu werden.
Patermanns wohnten zu dieser Zeit nicht mehr in Kleinmachnow. Georg Patermann musste die Villa 1925 aus wirtschaftlichen Gründen verkaufen. Die Familie sei beim Bau der Villa sehr wohlhabend gewesen, so Wolf-Dietrich Patermann. Das Geld reichte auch für innovative Energiekonzepte: Die Wände seien doppelt errichtet worden, um einen Luftaustausch zu ermöglichen. Biomalz, der Stärkungstrunk aus nahrhafter Gerste, war zur Bauzeit fast schon in aller Munde.
Kleinmachnow, Erlenweg 33, geöffnet am 11. Mai von 10 bis 18 Uhr