PNN 11.5.13

Wenn die Eichen nicht reichen

von Eva Schmid und Tobias Reichelt

Einsatz in der Not. Die Plage des Eichenprozessionsspinners droht sich auch auf andere Laubbäume auszuweiten.

Ab Montag wird der gefräßige Eichenprozessionsspinner auch in Mittelmark aus der Luft bekämpft

Potsdam-Mittelmark - Sie sind offenbar unersättlich: Die Plage des Eichenprozessionsspinners droht sich im Landkreis Potsdam-Mittelmark auf andere Laubbäume auszuweiten. Wie Landrat Wolfgang Blasig (SPD) erklärte, wurden die für den Menschen wegen ihrer giftigen Brennhaare gefährlichen Tiere inzwischen auch auf Ahornbäumen gesichtet. Nimmersatt scheinen sich die Schmetterlingsraupen durch die Vegetation zu fressen. Ab Montag soll ihnen der Appetit vergehen. In den kommenden drei Wochen sollen zahlreiche betroffene Waldgebiete sowie Alleen im Kreis aus der Luft mit dem Insektengift Dipel ES besprüht werden.

Es ist offenbar ein Einsatz in letzter Not. „Die flächenhafte Ausdehnung ist enorm“, sagte Blasig. Fachleute hätten im vorigen Jahr erstmals beobachtet, dass die Raupen auf andere Gehölze umgestiegen. Eigentlich ernähren sie sich von frisch ausgetriebenen Eichenblättern. Bei massivem Befall kann es zum Kahlfraß kommen. Blasig sprach von den Vorboten des Klimawandels. „Es wird mit der Plage auch nach dem Einsatz in diesem Jahr nicht vorbei sein.“ Bereits im Jahr 2009 seien die ersten massenhaften Vorkommen der Schmetterlingsraupe in der Region registriert und der „biologische Krieg“, so Blasig, aufgenommen worden.

Etwa 3600 Hektar Wald sollen ab Montag im Kreis mit dem Biozid besprüht werden, teilte der Einsatzleiter im brandenburgischen Landesforstbetrieb, Michael Koppka, mit. Dazu werden die Waldflächen per Hubschrauber überflogen – der Einsatz ist abhängig von Wind und Wetter. Behandelte Waldgebiete dürfen nach dem Einsatz bis zu zwölf Stunden lang nicht betreten werden. Schilder sollen Spaziergänger warnen. Experten gehen aber an sich davon aus, dass das Biozid in der stark verdünnten Form, in der es zum Einsatz kommt, für den Menschen ungefährlich ist. Auch Säugetiere und fast alle Insekten trügen keine Schäden davon.

Wann welche Abschnitte überflogen werden, konnte Koppka nicht sagen. Die Kommunen würden in der Regel vorab informiert. Die Einwohner könnten sich wiederum in den Rathäusern erkundigen. Wie berichtet werde in diesem Jahr bis an die Waldkante herangeflogen. Bei den Einsätzen in den letzten Jahren musste noch ein weiter Abstand insbesondere zu Wohnsiedlungen eingehalten werden, erklärte Koppka. Gerade im Waldrandbereich würde sich aber der Eichenspinner besonders wohlfühlen. „Dort ist es wärmer, das liebt der Schmetterling.“

Für den Einsatz, so schätzt der Landesforstbetrieb, gebe es in der nächsten Woche die besten Voraussetzungen, um die Ausbreitung der giftigen Raupe einzudämmen. Bereits seit 6. Mai sei der Hubschrauber unter anderem im Nachbarkreis Havelland geflogen.

Insgesamt hat das Land 18 000 Liter des Bakterienpräparats angeschafft. Damit soll in Brandenburg eine Fläche von insgesamt rund 9000 Hektar Wald bekämpft werden, teilte das Landwirtschaftsministerium mit. Bei dem Mittel handelt es sich um ein selektives Gift, dass aus dem Bakterium „Bacillus thuringiensis“ gewonnen wird. Über die Eichenblätter nehmen die Raupen das Gift beim Fressen auf.

Der Naturschutzbund indes warnt vor der Sprühaktionen aus der Luft mit Dipel ES. Trotz Zulassung durch die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin seien die Auswirkungen des Mittels auf den Menschen noch nicht abschließend geklärt. Das Landwirtschaftsministerium teilte dazu mit, dass Dipel ES auch im Ökolandbau angewendet werden könne und seit Jahren ohne Probleme im Einsatz sei.

Die Aktion aus der Luft wird vom Land bezahlt. Der Kreis gibt rund 30 000 Euro aus, um auch die Alleen an den Kreisstraßen einzunebeln. Die Kommunen müssen für Einsätze in ihren Gebieten selbst zahlen. Unter anderem wollen Teltow, Kleinmachnow, Stahnsdorf, Michendorf, Schwielowsee sowie Nuthetal in den nächsten Wochen auch vom Boden aus gegen die Raupen vorgehen (PNN berichteten). Die Raupennester sollen besprüht oder abgesaugt werden.

„Der Einsatz aus der Luft macht auch nur Sinn, wenn er durch Einsatz am Boden ergänzt wird“, erklärte Blasig. Denn einfach nur am Baum zu schütteln, reiche nicht, um die nimmersatten Raupen loszuwerden. (mit dpa)

Karten über die Einsatzgebiete unter: www.forst.brandenburg.de