PNN 4.3.13

Erinnerung an spektakuläre Aktionen

von Kirsten Graulich

 

In Kleinmachnow wurde der Umweltpreis für das Bündnis gegen den Havelausbau gefeiert

Kleinmachnow - Es kommt nicht oft vor, dass sich Politiker dafür bedanken, „wenn ihnen Bürger die Leviten lesen“. Die bündnisgrüne Bundestagsabgeordnete Valerie Wilms tat das am Freitagabend, als sie die Initiative „Pro Kanallandschaft Kleinmachnower Schleuse“ würdigte, weil sie sich – statt politikverdrossen alles hinzunehmen – engagiert und alternative Lösungen angeboten habe. Anlass war die Verleihung des Naturschutzpreises 2012 der Stiftung Naturschutz Berlin an das Aktionsbündnis gegen den Havelausbau, den die Akteure gemeinsam mit ihren Unterstützern im Kleinmachnower Rathaus feierten.

Viele Jahre haben sie sich gegen die Umsetzung des sogenannten „Projektes 17 Deutsche Einheit“ gewehrt – letzlich mit Erfolg. Das Projekt sah vor, Großschubschiffen mit einer Länge von bis 185 Metern die Durchfahrt von Hannover bis Berlin zu ermöglichen. „Wären diese Pläne Wirklichkeit geworden, hätte die Havel ihr Gesicht verloren“, heißt es in der Begründung zur Preisverleihung. Nicht zuletzt wurde auch der geplante Ausbau der Kleinmachnower Schleuse auf eine Länge von 190 Meter mit den Protestaktionen verhindert.

Wilms, die Sprecherin der parlamentarischen Gruppe Binnenschifffahrt ist, hatte gemeinsam mit ihrer Fraktionskollegin Cornelia Behm sowie den Bundestagsabgeordneten Andrea Wicklein (SPD) und Katharina Reiche (CDU) dem Aktionsbündnis den Rücken gestärkt. Am Freitag wurde an die ersten Protestaktionen erinnert: „Damals hieß es immer, der Planfeststellungsbeschluss steht und das klang wie in Stein gemeißelt“, sagte Wicklein. Dass bürgerschaftliches Engagement schließlich Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) dazu brachte, auf das Projekt zu verzichten, sei auch ein Sieg für die Demokratie. Zudem wertete es Wicklein als Zeichen für ein Umdenken in der Politik. Die Akzeptanz von Großprojekten sei künftig auch davon abhängig, wie frühzeitig die Bürger in Planungen einbezogen werden.

Die Kleinmachnowerin Cornelia Behm, die beim Widerstand gegen den Havel- und Schleusenausbau zu den Aktiven der ersten Stunde gehört, würdigte vor allem Ideenreichtum und Teamgeist der rund 30 Initiativen im Aktionsbündnis. Dazu zählte sie neben den Anrainergemeinden auch Wissenschaftler, Schrebergärtner und die Ketziner Fischer auf. Auch Verwaltungen habe man mit ins Boot holen können.

Noch einmal in Erinnerung gerufen wurden spektakuläre Aktionen wie die Lichterkette „Leuchtender Fluss“ , zu der der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) im Frühjahr 2008 aufgerufen hatte. Damals hatten Lampions und Fackeln nicht nur auf der Schleusenbrücke in Kleinmachnow die Nacht erhellt, sondern auch auf der Glienicker Brücke in Potsdam. „Wir hatten auch Spaß bei den Aktionen“, berichtete Winfried Lücking, Leiter Gewässerpolitik beim BUND, und zeigte dabei Fotos der Havelmännchen, die rund 90 Bäume nördlich der Schleuse vor der Abholzung „retteten“, nachdem die Papp-Kobolde bereits erfolgreich am Sacrow-Paretzer Kanal für den Erhalt alter Baumbestände geworben hatten. Als die Havelmännchen-Wache dann über Nacht Opfer von Vandalismus wurde, wuchsen sogleich dank ihres Erschaffers und Künstlers Wolfgang Schmidt neue Kobolde nach. Auch die Initiative „Pro Kanallandschaft“ konnte in ihrem 20-jährigen Widerstand viele neue Mitstreiter gewinnen, so wie Ursula Theiler, die dem Projekt mit ihren Ideen einen kreativen Schub gab.

Dass es längst noch nicht so weit ist, einen Schlussstrich unter den langjährigen Widerstand zu setzen, verdeutlichte Winfried Lücking. „Es gibt noch immer Begehrlichkeiten in Richtung Ausbau von Oder und Havel. Stellt euch darauf ein“, mahnte er. So habe das Land Brandenburg auf seiner aktuellen Wunschliste zur Bundesverkehrsplanung noch immer den Schleusenausbau stehen. Aktuell ist lediglich die Instandsetzung der bestehenden Anlage geplant. Nach seinen Informationen, so Lücking, sollen die Ausschreibungen für diese Arbeiten noch vor Ende dieses Jahres erfolgen.