PNn 27.12.12
Das Berliner Impro-Ensemble Theatersport will künftig regelmäßig in den Kammerspielen auftreten
Kleinmachnow - Wer die Kunst des Spontanen schätzt, wird künftig in den Kleinmachnower Kammerspielen glücklich. Mit ihrem Improvisationstheater will die Gruppe Theatersport aus Berlin dort demnächst regelmäßig auftreten, auch Kooperationen mit dem Schülertheater des Weinberggymnasiums sind geplant. Kurz vor Weihnachten gab Theatersport ihr Debüt auf der Bühne des neu eröffneten alten Kulturhauses. Eine Delegation von vier Schauspielern war angereist und ließ sich von Zurufen aus dem Publikum treiben: Ohne den Anspruch von Perfektion überhaupt zu stellen, griffen sie Ideen auf, sponnen sie weiter und ließen sie wieder fallen.
Statt eines Stücks entstand so ein Dialog zwischen den gut hundert Zuschauern und den vier Darstellern. Manche Motive zogen sich dabei wie ein roter Faden durch die Szenen, etwa das des Taxifahrers. Das Spiel mit der freien Assoziation bekam dadurch Rhythmus und Struktur. Immer wieder fragt Robert Munzinger, wohin die Fahrt mit dem Taxi gehen soll oder wer als Gast einsteigt, immer wieder sind die Wünsche des Publikums exotisch: So begann der Abend mit der Reise eines russischen Dönerverkäufers in seine Heimat am Ural.
Scheinbar mühelos wechselt Beate Fischer anschließend von der Rolle der russischen Babuschka in die eines chinesischen Fahrgasts. Das Ziel hieß diesmal Alaska, mehr Hilfestellung gab das Publikum nicht. Mehr brauchte das Ensemble auch nicht, die Lust am Fabulieren war den Schauspielern deutlich anzumerken. Vor allem Fischer und ihr Kollege Marin Caktas gaben der Handlung immer neue, lustige Impulse, die Zuschauer konnten förmlich sehen, wie sie ihre Ideen aus den Winkeln ihres Unterbewussten zogen und sofort auf der Bühne ausformulierten. Das war spannend, auch wenn die Handlung selbst es nicht immer war.
Wenn das Publikum schwieg, forderten sie sich gegenseitig heraus. „Als wir uns unterhielten, begann ich einen Satz mit A, meine Beifahrerin einen mit B und ich wieder einen mit C", erzählt der Taxifahrer. Und Jana Kozewa als Beifahrerin steigt darauf ein. Ohne zu zögern entwickelt sich ein typischer Taxi-Dialog: „Also, wo soll es hingehen“, beginnt Munzinger. „Bitte ins Krankenhaus“, gibt Kozewa zurück und deutet auf ihren imaginären Schwangerenbauch. So beginnt eine rasante Fahrt durchs ABC und Kozewas Wehen, bis es, kurz vor der Klinik, „zu spät“ ist.
Am wohlsten schienen sich die vier Darsteller aber zu fühlen, wenn sie Körper und Stimme abseits jeder Handlung einsetzen konnten. Als Fischer als chinesische Mutter, die mit dem Selbstmord ihrer Tochter konfrontiert wird, spontan ein hypnotisches Klagelied anstimmt, gibt es Szenenapplaus.
Auch das Tarzan-Musical wird zu einem Höhepunkt des Abends, nicht zuletzt dank des - ebenfalls improvisierten - Klavierspiels und der Tanzeinlage von Jana Kozewa. Dass sie ihren Körper auch höchst komisch einsetzen kann, zeigt sie in der Schlussszene: Als Tarzan mit dem Taxi in den Berliner Zoo will, macht sie sich mit baumelnden Armen und wilden, schnatternden Schreien sehr überzeugend zum Affen Cheetah. Allerdings war nicht zu übersehen, dass die Phantasie der Schauspieler nach zwei Stunden etwas erschöpft war. Die kleinen Geschichten, die sie sich ausdachten, wurden weniger stringent, verfransten sich in Details. Da war es Zeit, die Lachtränen zu trocknen und nach Hause zu gehen - bis zum nächsten Mal. Ariane Lemme