PNN 22.9.12
Veranstaltung zu Chancen und Risiken der energetischen Gebäudesanierung in der Kommune
Kleinmachnow - Die Energiewende wird das Aussehen der Welt verändern. „Das betrifft nicht nur die Landschaft, wenn Windkraftanlagen errichtet werden, sondern auch die Baukultur“, sagt der Architekt Andreas Rieger. Rieger war am Donnerstagabend Gast einer Veranstaltung mit dem Titel „Energiewende und Siedlungsstruktur“ im Kleinmachnower Rathaus. Ein Thema mit Handlungsbedarf in der Gemeinde, wie sich zeigte.
Die aufgelockerte Bebauung in der Stadtrandkommune gilt als energetisch ungünstig: Durch viele Außenwände und Freiflächen zwischen den Häusern geht Wärme verloren. Gleichmäßige Straßenschluchten begünstigen den Wind, die Bürgerhaus- oder die Sommerfeldsiedlung sind dafür typische Beispiele in Kleinmachnow. Die Wissenschaft plädiert für versetztes Bauen.
Die flächige Bauweise führe zu mehr Autoverkehr, weil etwa Einkaufsmöglichkeiten außerhalb der Wohngebiete angesiedelt sind. Die Gemeinde bemüht sich dennoch seit einigen Jahren, ihren Energieverbrauch zu reduzieren: Bei allen öffentlichen Gebäuden wird auf eine nachhaltige Sanierung geachtet. Bei Ein- und Zweifamilienhäusern allerdings habe die Kommune allenfalls als Vermittler Einfluss, wie es hieß.
Unter den rund 30 Zuhörern im Rathaussaal – die meisten selbst Architekten – gingen die Meinungen zum Thema „energiesparend Bauen“ weit auseinander. „Wo kommen wir denn hin, wenn wir keine plastischen Möglichkeiten mehr haben und nur noch kompakt bauen sollen?“, fragte jemand. Rieger erinnerte allerdings daran, dass zu allen Zeiten äußere Bedingungen die Baukultur geprägt haben. „Architekten waren immer in der Lage, ästhetische Lösungen dafür zu finden.“
Klar sei auch: Ohne die Kommunen klappt das mit der Energiewende nicht. Sie hätten nicht nur Einfluss auf die Gestaltung öffentlicher Gebäude, auf die Wohnungsbaugesellschaften und die energetisch sinnvolle Schließung von Baulücken. Sie können auch Beratungen für Privateigentümer anbieten. „Die ist der größte Problembereich“, meint Bernd Hirschl von der Hochschule Lausitz. Grundsätzlich seien zwar viele Bürger bereit, Energie zu sparen, doch es fehle noch an Wissen über komplexe Zusammenhänge, lautete ein Fazit der Diskussion. Energieberatungen gibt es in Kleinmachnow bereits, sie werden aber nicht gut angenommen.
So erlebt Hirschl immer wieder, dass auch Bewohner von Passivhäusern, also Gebäuden mit spezieller Dämmung, falsch lüften und die positive Energiebilanz zunichte machen. Entscheidend sei, die tatsächlichen Effekte von energetischen Sanierungen zu beobachten – und langfristig passende Konzepte für einzelne Wohngebiete zu entwickeln. „Einzellösungen – also Solarzellen auf dem einen Wohnhaus, bessere Dämmung am anderen – nutzen nur bedingt.“
Bei Privathaushalten käme das Problem der Akzeptanz dazu – ähnlich wie bei Windkraftanlagen. Die ließe sich steigern, wenn dezentrale Versorgungssysteme aufgebaut werden, ist Hirschl überzeugt. Während in Brandenburg noch viele eine so genannte Verspargelung der Landschaft durch Windkraftanlagen fürchteten, gebe es in Schleswig-Holstein viele Beispiele für erfolgreiche Bürgerwindanlagen. „Die Menschen, die daran beteiligt sind, halten ihre Kulturlandschaft nicht für zerstört“ so Hirschl. Energie und auch Gewinn bleiben in der Region – der Schlüssel zur Energiewende sei die ökonomische Teilhabe.
In Kleinmachnow war vor zwei Jahren die Gründung eigener Stadtwerke diskutiert worden. Die Idee scheiterte an den Nachbarkommunen Teltow und Stahnsdorf – ganz aufgegeben hat die Kommune sie nicht. Für typische Kleinmachnower Wohnsiedlungen könnten ähnliche Konzepte gefunden werden, sagte Bauamtsleiterin Barbara Neidel. „Ein Ziel könnte sein, dort zentrale Speicheranlagen für lokal erzeugten Solarstrom zu schaffen.“