PNN 17.9.12

Sammeln für Verfassungsklage

von Ariane Lemme

Flugroutengegner wollen Richterspruch aus Leipzig nicht akzeptieren und jetzt nach Karlsruhe ziehen

Kleinmachnow - Die Kleinmachnower Fluglärmgegner geben nicht auf: Nachdem das Bundesverwaltungsgericht (BVG) im Juli ihre Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss abgewiesen hatte, wollen sie jetzt vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Dass dort der Planfeststellungsbeschluss zum künftigen Hauptstadtflughafen BER gekippt wird, glaubt Matthias Schubert, Sprecher der Kleinmachnower Bürgerinitiative gegen Fluglärm und einer der Kläger zwar nicht. „Klagen wir jetzt jedoch nicht vor dem Verfassungsgericht, würden wir damit quasi die Entscheidung des BVG akzeptieren“, so Schubert gegenüber den PNN.

Am heutigen Montagabend sollen nun die Bürger entscheiden, ob sie den Gang nach Karlsruhe mit Spenden unterstützen wollen. Konkret geht es dabei um 10 000 Euro. Damit, so schätzt Schubert, kämen die Kläger immerhin bis zu einer Anhörung. Die Initiative verfüge zudem noch über eigene Rücklagen. Denn auch, wenn der Planfeststellungsbeschluss nicht wieder aufgehoben wird, könne der Prozess ein Erfolg werden. „Wenn die Verfassungsrichter anerkennen, dass bei dem Planverfahren erheblich gegen rechtsstaatliche Prinzipien verstoßen worden ist, könnten sie immerhin ein erweitertes Nachtflugverbot verfügen“, so Schubert. Auch ein Verbot zum Ausbau eines internationalen Drehkreuzes wäre denkbar.

Anfang Juli hatte die Gemeinde Kleinmachnow zusammen mit der kommunalen Wohnungsgesellschaft Gewog und einigen Anwohnern versucht, das Verfahren anzufechten, mit dem die Genehmigung zum Flughafenbau 2004 abgeschlossen wurde. Allerdings konnten die Kläger das BVG in Leipzig nicht davon überzeugen, dass sie vorsätzlich getäuscht wurden (PNN berichteten). Den Planern sei mindestens seit 1998 bekannt gewesen, dass bei den vom Flughafen gewünschten unabhängigen Starts ein Abweichen von 15 Grad erforderlich ist, argumentierten die Kläger. Dennoch sei bis zum Schluss weiter öffentlich mit den Geradeausflügen geplant worden. Die Richter räumten zwar ein, dass die Verantwortlichen über die Untauglichkeit der Geradeausrouten wussten. Die Anwohner hätten aber wissen müssen, dass auch sie überflogen werden können.

Für die Klage vor dem Verfassungsgericht könnte allerdings selbst das dürre Zugeständnis der Leipziger Richter entscheidend sein. „Der Standort wurde erschlichen, indem bei der Abwägung von falschen Voraussetzungen ausgegangen wurde“, so Matthias Schubert.

Die Chancen, den Standort in Schönefeld noch zu kippen, sind verschwindend gering – das wissen auch die Fluglärmgegner. Sie konzentrieren sich derzeit auf das umfassende Nachtflugverbot zwischen 22 und 6 Uhr. Das könnte nicht nur über einen Spruch der Verfassungsrichter erreicht werden: Aktuell laufen sowohl in Berlin als auch in Brandenburg Volksbegehren. In Brandenburg müssen dazu bis zum 3. Dezember 80 000 Unterschriften zusammenkommen, bis Anfang September waren es 27 000.

Im Kleinmachnows Nachbarkommune Stahnsdorf hatten vergangene Woche alle Fraktionen in einer gemeinsamen Erklärung an die Einwohner appelliert, mit ihrer Unterschrift das Volksbegehren gegen Nachtflüge am künftigen Großflughafen Schönefeld zu unterstützen. „Wer heute nicht unterschreibt, wird künftig nachts wach bleiben“, sagte unter anderem Dietmar Otto (SPD). Mit Stand vom 11. September lagen in Stahnsdorf 2014 Unterschriften vor. Ariane Lemm