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Das Kleinmachnower Fath-Areal steckt voller Fallen und ist gefährlich. Der Verein BiK schlägt Alarm, weil sich die Jugend hier austobt.
Kleinmachnow - Karl-Peter Weis muss seine Hinterleute warnen: „Wenn Sie mitkommen, dann auf eigene Gefahr. Gehen Sie nicht in die Gebäude, bleiben Sie auf den Wegen.“ Dann duckt sich der hochgewachsene Mann durch ein aufgebogenes Gitter und winkt die Gruppe weiter. Man muss nur einmal stolpern und ist plötzlich in einem anderen Kleinmachnow: Auf dem sogenannten Fath-Gelände gibt es keine Reihenhäuser, keine Villen, kein grünes Vorstadtidyll. Stattdessen stehen hier windschiefe Ruinen, liegt Bauschutt herum und prangen unzählige Graffiti an den Wänden. Es sind Spuren von Jugendlichen, die sich hier in ihrer Freizeit austoben. Sie sind der Grund, warum Weis zu der riskanten Führung eingeladen hat.
Seit zehn Jahren liegt das dreieinhalb Hektar große Areal am Stahnsdorfer Damm, östlich der Autobahn 115, brach. Damals war die Fath-GmbH, die hier seit der Wende Fahrzeuge repariert hatte, in Insolvenz gegangen. Heute gehört das Gelände der Haußmann Grundbesitz AG mit Sitz in Zossen. Die sieht der Verein „Bürger für gute Lebensqualität in Kleinmachnow“ (BiK) in der Verantwortung, das Objekt zu sichern – oder endlich zu entwickeln. 2010 hatte das Unternehmen das Filetgrundstück an der Autobahn für 200 000 Euro bei einer Zwangsversteigerung abgestaubt. Von einem Baumarkt war die Rede, auch Wohnraum war zwischenzeitlich im Gespräch. Doch passiert ist bislang nichts.
Gruppen von fünf bis zehn Kindern und Jugendlichen würden hier regelmäßig umherstreifen, sagt Karl-Peter Weis, während er die Besucher durch die Ruinen lotst. Der Reiz, den die verwinkelten Gebäude auf sie ausüben, ist nachvollziehbar. Die Jüngeren würden hier Verstecken spielen, die Älteren vor allem Graffiti sprühen. Und wem dieser Kick nicht reicht, der spielt Krieg: Beim sogenannten Paintball lauern sich die Gegner auf und beschießen einander mit Farbpatronen. Deckung ist genügend vorhanden. Kleine gelbe Kügelchen, die überall auf dem Asphalt verstreut liegen, künden davon.
Dass das Betreten des Areals mitunter lebensgefährlich ist, kann man deutlich abschätzen: Manche Gebäude sind schon eingestürzt, andere werden nur noch vom Putz zusammengehalten und neigen sich gefährlich zu den Wegen hin. Die Sprayer scheint das nicht abzuhalten: Ihre Tags sind überall zu finden. Mitunter sind es sogar recht kunstvolle Werke, die an den Wänden, aber auch auf Schornsteinen prangen. Das Dach einer früheren Fahrzeughalle ist komplett zusammengebrochen, die Latten und Balken bilden ein fragiles Mikado.
Ein Stück weiter nördlich liegt die frühere Kantine. Sie ist vor vier Jahren Brandstiftern zum Opfer gefallen und klafft wie eine Wunde aus dem Unterholz. Aus den Resten der Decke ragen Asbest-Platten. Die Krebs-Gefahr, wenn sich hier Staub entwickelt, ist ein weiterer Grund, warum Weis und die BiK stärkere Sicherungsmaßnahmen fordern. „Wir wollen nicht warten, bis jemand ums Leben gekommen ist“, sagt er. Der Kleinmachnower will dazu seinen Beitrag leisten und bei den Eltern für Aufklärung sorgen. Er hat die Fallen auf dem Gelände fotografiert und zu einer Handreichung zusammengestellt.
Von der Gemeinde fordert der Verein, aus ordnungsbehördlicher Sicht in Aktion zu treten – dem Investor also strikte Auflagen zu erteilen. Es könne doch nicht so teuer sein, einen Zaun zu ziehen, meinen die „Bürger für gute Lebensqualität“. Zurzeit sei die gesamte westliche Seite des Komplexes „offen wie ein Scheunentor“, sagt auch der Vorsitzende des Kleinmachnower Heimatvereins, Rudolf Mach, der ausgiebig zur Geschichte des Areals geforscht hat (siehe Kasten). Nicht einmal Warnschilder gibt es, lediglich das Haupttor ist verriegelt.
Karl-Peter Weis nennt das Fath-Gelände den „größten frei zugänglichen Abenteuerspielplatz Brandenburgs“. Bis vor wenigen Jahren hatte diesen Titel noch das Ruinenareal der Beelitzer Heilstätten verdient. Die frühere Lungenheilklinik ist heute aber komplett abgeriegelt und wird vom Wachschutz kontrolliert. Doch das war erst in die Wege geleitet worden, nachdem mehrere junge Leute verunglückt waren – einer sogar tödlich.