PNN 28.6.12
Bürgermeister werben für Nachtflugverbot – Volksbegehren in einigen Orten nur schleppend angelaufen
Potsdam-Mittelmark - Die Angst vor dem Fluglärm schweißt zusammen. Mit einem gemeinsamen Appell haben die Bürgermeister von sechs mittelmärkischen Kommunen am Mittwoch ihre Einwohner aufgerufen, sich am Volksbegehren für die Erweiterung des Nachtflugverbots auf die Zeit von 22 bis 6 Uhr am künftigen Großflughafen Schönefeld zu beteiligen. Bisher ist nur eine generelle Ruhepause von 0 bis 5 Uhr geplant.
„Nutzen Sie die Möglichkeit direkter demokratischer Beteiligung“, heißt es in dem Schreiben, das die Unterschriften der Bürgermeister von Beelitz, Michendorf, Nuthetal, Schwielowsee, Seddiner See und Werder (Havel) trägt. Die Initiative ist parteiübergreifend, drei Bürgermeister gehören der CDU an, Ute Hustig in Nuthetal den Linken, Bernhard Knuth in Beelitz ist für das dortige Bürgerbündnis angetreten und Axel Zinke in Seddiner See ist parteilos.
Die Bürgermeister wollen mit ihrem Aufruf noch einmal einen Impuls setzen, hieß es, denn in einigen Gemeinden ist das Volksbegehren nach dem Start am 4. Juni nur schleppend angelaufen. So wurden in Michendorf bis zum Mittwoch nur etwa 120 Unterschriften geleistet, etwa hundert Einwohner haben Eintragungsscheine angefordert. Ähnlich sehen die Zahlen in Nuthetal aus – dabei liegen bewohnte Gebiete der Gemeinde teilweise nur 25 Kilometer vom neuen Großflughafen entfernt. Bürgermeisterin Hustig hofft jedoch, dass der große Schwung an Unterschriften noch kommt, zumal im August und September direkt in den Ortsteilen spezielle Termine für die Einwohner organisiert werden. In Schwielowsee gab es mit Stand vom 20. Juni gar nur 67 Eintragungen. „Wir erwarten jetzt eine Initialzündung vom Aufruf der Bürgermeister, über den ich mich sehr freue“, sagte der Vorsitzende der Bürgerinitiative Havelseen, Peter Kreilinger, den PNN.
Eigentlich wäre der Start für das Volksbegehren in Brandenburg mit der Eröffnung des neuen Flughafens zusammengefallen – wenn der denn rechtzeitig fertig geworden wäre. Durch die Verzögerung, so fürchten Vertreter der Bürgerinitiativen gegen Fluglärm nun, falle die akute Belastung weg – und damit auch die Motivation, zu unterschreiben. Bis zum 3. Dezember müssen landesweit 80 000 Unterzeichner zusammenkommen, damit der Landtag das Thema nochmal aufgreift. Schmettert das Parlament das Volksbegehren ab, käme es zum Volksentscheid – erzwingen lässt sich ein striktes Nachtflugverbot allerdings auch damit nicht. Denn eine entsprechende Änderung des Fluglärmgesetzes ist Sache des Bundes. Und für befristete Einschränkungen auf einzelnen Flughäfen sind die regionalen Planungsbehörden zuständig. Ein Volksentscheid würde aber erheblichen politischen Druck ausüben.
Beim Volksbegehren müssen die Unterschriften persönlich und gegen Vorlage des Personalausweises bei den Kommunalverwaltungen abgegeben werden oder ein Eintragungsschein – ähnlich wie bei der Briefwahl – genutzt werden. Unterschriften, die vor Juni 2012 für die vorangegangene Volksinitiative abgeben worden sind, sind nicht mehr gültig. In vielen Rathäusern wurden deshalb bereits die Öffnungszeiten verlängert – in Schwielowsse können die Unterschriften zum Beispiel auch in den Bürgerbüros in den Ortsteilen abgegeben werden.
In der Region Teltow – die stark vom Lärm abfliegender Maschinen betroffen sein könnte – hat das bereits Erfolg gezeigt. So wurden in Kleinmachnow schon etwa 1300 Unterschriften gesammelt. „500 Eintragungen pro Woche waren das Ziel, das ist damit erreicht“, sagte Rathaussprecherin Martina Bellack den PNN. Genutzt würden vor allem die längeren Öffnungszeiten an den Abenden. In der Nachbarstadt Teltow hatten bis zur vergangenen Woche 1100 Einwohner unterzeichnet, in Stahnsdorf waren es 600. Doch die Beteiligung lasse derzeit langsam nach, so Stahnsdorfs Bürgermeister Bernd Albers (BfB). Werben müssten allerdings die lokalen Bürgerinitiativen, das Rathaus sei dafür nicht zuständig, meint Albers.