PNN 27.6.12
In Kleinmachnow soll eine Schauwabe auf Bedeutung und Situation der Insekten aufmerksam machen
Kleinmachnow - Der Tag ist grau und kühl, nur müde kriechen die Bienen aus der Schauwabe. Drehen eine kleine Runde und kehren dann in die Waben zurück. Das wird womöglich anders aussehen, wenn am morgigen Donnerstag die erste Führung zur sogenannten Schaubeute auf der neu gestalteten Grünfläche an der Kreuzung Förster-Funke-Allee und Hohe Kiefer stattfindet. Drei Infotafeln ergänzen die beiden Waben hinter Glas, an denen sich das gesamte Leben eines Bienenstocks quasi en miniature erleben lässt. Initiiert hat das Projekt der Vorsitzende des Teltower Imkervereins, Bodo Wackrow.
Mit der Wabe und den Schautafeln will er vor allem Kinder für die Bedeutung der Insekten sensibilisieren. Im besten Fall entscheidet sich der Nachwuchs dann vielleicht irgendwann dafür, selbst Imker zu werden. Denn die Bienen brauchen Hilfe: Allein in Brandenburg fehlen rund 100 000 Bienenvölker.
Vor der Wende sah die Situation in der Region noch anders aus: 130 Imker und 1 500 Bienenvölker gab es zu DDR-Zeit. Damals habe der Staat allerdings auch noch Prämien für die Honigproduktion gezahlt, so Wackrow. Die gibt es heute immerhin von Seiten einiger Landwirte: Bis zu 20 Euro pro Bienenvolk zahlen sie für die Bestäubung. Ein Grund für die abnehmende Zahl an Bienenvölkern ist auch die in den 1970er Jahren aus Asien eingeschleppte Varroa-Milbe. Die befällt vor allem junge Tiere und macht die Völker zudem anfälliger für Viren.
Reiner Gabriel, Landesvorsitzender des brandenburgischen Imkerbundes, sieht gravierende Folgen für die Bestäubung von Nahrungspflanzen: „Der volkswirtschaftliche Nutzen der Bienen kann auf rund zwei Milliarden Euro jährlich beziffert werden – allein in Deutschland.“ Der Wert übersteigt den der Honigproduktion damit um etwa das Zehnfache. „Landwirte hierzulande könnten ihre Erträge um bis zu 40 Prozent steigern, wenn sie ihre Pflanzen stärker von Bienen bestäuben lassen würden“, so Gabriel. Anders gesagt: Ohne Bienen läuft im Obst- und Getreideanbau fast nichts, denn anders als andere bestäubende Insekten sind sie blütenstetig: Das heißt, sie arbeiten effektiver, weil sie für die Dauer der Blüte bei jeweils einer Pflanzenart bleiben. „Einer Kornblume nützen Rapspollen schließlich wenig“, so Gabriel.
Neuere Pflanzenzüchtungen sind allerdings Windbestäuber, sie kommen ohne Bienenbestäubung aus. Der Grund dafür liegt wiederum an der sinkenden Zahl er Bienenvölker: „Solche Züchtungen sind unter anderem deshalb notwendig, weil die Bienenpopulation, wie bei den Insekten insgesamt, zurückgeht“, sagt Matthias Schannwell vom Landesbauernverband. Wichtig sei deshalb eine enge Zusammenarbeit zwischen Bauern und Imkern. „Die müssen sich absprechen, wann welche Pflanzen wo blühen“, so Schannwell.
Auch Kleinmachnows Bürgermeister Michael Grubert (SPD) will die lokalen Imker unterstützen, die Gemeinde hat dazu 2011 sogar einen Grundsatzbeschluss gefasst. So viel Engagement sei nicht in allen Kommunen üblich, so Wackrow. Viele Menschen hätten vor allem Angst vor Stichen. „Die ist unbegründet, moderne Züchtungen sind nicht aggressiv.“ Mit dem bloßen Finger lockt Wackrow die Tiere aus der Schauwabe. Ariane Lemme