PNN 31.5.12

Schonzeit für Schulkinder

von Thomas Lähns

Auf sicheren Wegen: Schüler können in Rehbrücke Radwege nutzen. Zwischen den Ortsteilen fehlt diese Möglichkeit.

Immer wieder werden junge Radler bei Unfällen verletzt. Kreis und Kommunen wollen gegensteuern

Potsdam-Mittelmark - Für so manchen Autofahrer gelten sie offenbar als Freiwild, das es mit Kühler und Kotflügel zu erlegen gilt: Immer wieder werden Kinder auf dem Schulweg angefahren – und das, obwohl sie sich selbst völlig richtig verhalten. Aber der beste Radweg nützt nichts, wenn plötzlich ein Auto in die Einfahrt schießt. Und auch die Fußgängerampel schafft es nicht immer, eilige Rechtsabbieger im Zaum zu halten. Allein in diesem Jahr hat es nach Berichten der Polizei schon mindestens acht Unfälle im Potsdamer Umland gegeben, bei denen Schulkinder verletzt worden sind.

Die motorisierten Unfallverursacher haben sich mitunter einfach aus dem Staub gemacht: Diese Erfahrung musste vor drei Wochen eine 14-Jährige in Teltow machen, die beim Überqueren der Straße von einem Auto geschnitten wurde und mit dem Fahrrad stürzte. Ähnlich erging es Mitte März einem Zehnjährigen in Kleinmachnow, der plötzlich bremsen musste, weil ihn ein Linksabbieger nicht für voll nahm. Und obwohl der Junge noch gegen den schwarzen Benz rutschte, fuhr der einfach weiter.

Der Landkreis Potsdam-Mittelmark ist alarmiert: Bereits im vergangenen Jahr hatte ein Schulwegsicherheits-Report gezeigt, dass sich zwar die Infrastruktur für junge Radler und Fußgänger in den letzten zehn Jahren verbessert hat, es aber immer noch zu vielen Unfällen kommt. Als Konsequenz soll nun eine ständige Arbeitsgruppe mit den Leitern der verantwortlichen Verwaltungs-Fachdienste sowie Vertretern von Polizei, Verkehrswacht und dem Allgemeinen Deutschen Fahrradclub eingerichtet werden. Das Gremium soll Unfallzahlen zusammentragen, Strategien zur Verkehrserziehung ausarbeiten und seine Expertise bei Straßenbaumaßnahmen einbringen, um zum Beispiel Sichtbarrieren zu verhindern.

Laut der Studie des Kreises haben Radler und die Fußgänger den gefährlichsten Schulweg zu bewältigen: Sie machen je ein Viertel aller Unfallopfer aus. Wesentlich sicherer fahren die Kinder mit dem Schulbus und im Auto der Eltern. Gerade die letztere Variante sorgt mitunter für ein Verkehrschaos vor den Bildungsstätten. In Kleinmachnow sollen die Knirpse mit verschiedenen Projekten sogar ausdrücklich dazu bewegt werden, sich per Rad oder zu Fuß auf den Weg zur Schule zu machen. Dabei warnt die Verkehrswacht ausdrücklich davor, Grundschüler radeln zu lassen: Erst ab neun oder zehn Jahren könne ein Kind „eine Situation so weit beurteilen, dass es durch sein Verhalten eine Gefahr im Vorfeld verhindern kann“, heißt es in einem Merkblatt.

Immerhin: An Initiativen, die Knirpse fit für den Straßenverkehr zu machen, mangelt es nicht. In der Otto-Nagel-Grundschule im Nuthetaler Ortsteil Bergholz-Rehbrücke hat die Dekra jetzt mit den vierten Klassen das sichere Radfahren geübt. Die Schüler mussten auf verschiedenen Flächen und gezielt bremsen, einhändig fahren und sie erkundeten gemeinsam die Schulwege im Ort. Gestern erhielten sie ihre Urkunden und trafen sich zu einem langen Radlerkorso.

Der Schulweg sollte möglichst viel über ausgebaute Radwege führen, so Dekra-Sprecher Tilman Vögele-Ebering, „zudem muss das Kind wissen, wie es sich an gefährlichen Stellen richtig verhält“. Rehbrücke selbst sei dabei ein sicheres Pflaster, so Nuthetals Bürgermeisterin Ute Hustig (Die Linke). Hier werden die größten Straßen von Radlerpisten flankiert. Fehlen würden diese aber vor allem zwischen den Ortsteilen, zum Beispiel von Philippsthal nach Saarmund und weiter nach Langerwisch. Das Land hat den Bau der eigentlich längst geplanten Radwege auf die Zeit nach 2016 verschoben.

Die Gemeindeverwaltung ist bemüht, Eltern und junge Radler auf brenzlige Ecken hinzuweisen. „Und zu erklären, dass auch Autofahrer nicht immer richtig handeln“, so Hustig. In manchen Fällen ist das noch milde formuliert.