PNN 16.5.12

Flugkorridor breiter als angenommen

von Hagen Ludwig

Auch Teltow will gegen Wannsee-Route klagen

Region Teltow - Von der sogenannten Wannsee-Route des Großflughafens BER könnten wesentlich mehr Einwohner betroffen sein als bisher angenommen. Statt eines Korridors von 3000 Metern dürfe das gesamte Gebiet Kleinmachnow, Stahnsdorf, Teltow und der gesamte Südwesten Berlins überflogen werden. Das teilte Rechtsanwalt Remo Klinger am Dienstag mit. Die Kanzlei Geulen & Klinger vertritt in den Flugroutenverfahren die rechtlichen Interessen der Stadt Teltow sowie der Gemeinden Kleinmachnow und Stahnsdorf. Klinger bezieht sich in seiner Pressemitteilung auf Schreiben der Deutschen Flugsicherung (DFS) vom gestrigen Dienstag sowie vom 23. April.

Das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) hatte am 26. Januar dieses Jahres die Routenfestlegung für den neuen Flughafen veröffentlicht und dabei auch die sogenannte Wannsee-Route für den Abflug festgesetzt. Dieser Festsetzung lagen laut Klinger Gutachten zugrunde, die davon ausgingen, dass es sich bei der Route um einen 3000 Meter breiten Korridor handele, der sich zwischen Potsdam und Stahnsdorf / Kleinmachnow durch nahezu unbewohntes Gebiet schlängele. Die Route sei daher verträglich mit den Interessen der Anwohner, wie es hieß.

„Durch die Schreiben der Deutschen Flugsicherung vom 23. April und 15. Mai wurden wir nun darüber informiert, dass diese Annahme falsch ist“, erklärte Klinger. Der Flugkorridor, in dem sich die Maschinen auf der Wannsee-Route legal bewegen dürfen, erstrecke sich über das gesamte Gebiet der Kommunen Kleinmachnow, Stahnsdorf und Teltow und schließe auch den gesamten Bereich von Berlin-Zehlendorf und Berlin-Lichterfelde ein. Betroffen seien daher nicht einige wenige, sondern über 150 000 Anwohner.

Von den betroffenen Gemeinden der Region Teltow kam gestern bereits energischer Protest. Teltows Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD) erklärte: „Nun bewahrheiten sich unsere Befürchtungen. Ich werde der Stadtverordnetenversammlung umgehend empfehlen, sich der Klage der Gemeinden Kleinmachnow und Stahnsdorf anzuschließen.“ Wie berichtet haben die Gemeinden Kleinmachnow und Stahnsdorf bereits beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Klage gegen die Wannsee-Route eingereicht. Unterstützt werden sie dabei von der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Teltow hatte sich bisher noch nicht an der Klage beteiligt, weil die Stadt laut ursprünglicher Routenfestlegung nicht direkt überflogen wird.

„Es verschlägt einem die Sprache, wie hier die Wahrheit scheibchenweise ans Licht kommt“, erklärte auch Kleinmachnows Bürgermeister Michael Grubert (SPD) am Dienstag. Die neuen Betroffenenzahlen würden die Überflüssigkeit der Wannsee-Route noch einmal verdeutlichen, sagte Stahnsdorfs Bürgermeister Bernd Albers (Bürger für Bürger).

Rechtsanwalt Klinger betonte, dass jetzt bekannt gewordene Überfluggebiete erst auf seinen ausdrücklichen Antrag hin mitgeteilt worden sind. Sie seien nicht nur politisch verheerend, sondern würden auch einen schwerwiegenden Rechtsfehler der Flugroutenfestlegung begründen. Selbst das Umweltbundesamt sei noch davon ausgegangen, dass sich die Flugzeuge in einem Korridor von 3000 Metern zu bewegen hätten, so Klinger. Die Kanzlei „Geulen & Klinger“ beschäftigt sich seit langem mit Fragen des Luftverkehrsrechts. Unter anderem hat sie die Stadt Rheinsberg und weitere Anlieger erfolgreich im Kampf gegen das Bombodrom vertreten. Hagen Ludwig