PNN 27.4.12
Teltow - Sind Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck und Berlins
Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (beide SPD)
verantwortlich für die verfahrene Diskussion um die Flugrouten am Großflughafen
Schönefeld (BER)? „Ich könnte die beiden hier verbal verhauen“, erklärte
Katherina Reiche, CDU-Bundestagsabgeordnete und Parlamentarische
Staatssekretärin im Bundesumweltministerium auf einem Diskussionsabend der
Jungen Union im Teltower Stubenrauchsaal am Mittwochabend. Stattdessen wolle
sie lieber über Strategien gegen eine übermäßige Lärmbelastung der Bürger
informieren. Vorgestellt wurde in diesem Zusammenhang auch die im Januar
veröffentlichte lärmfachliche Bewertung der Flugrouten des Bundesumweltamtes
(UBA). Die empfiehlt für die Regionen Wannsee, Müggelsee
und Havelseen besondere Lärmminderungsmaßnahmen wie etwa leisere Start- und
Landeverfahren, eine Optimierung der Flugrouten und Nachtflugbeschränkungen.
Die Lärmbelastung müsse zudem über ein Jahr lang evaluiert werden, so Thomas Myck vom UBA. Bindend für die Flughafengesellschaft sind
die Empfehlungen aber nicht.
Reiche sieht jetzt vor allem die Landesregierung in der Pflicht, eine für
möglichst viele Bürger verträgliche Lösung zu finden. „Wir als CDU unterstützen
sie dabei gerne“, so Reiche. Bisher seien Gesprächsangebote jedoch
ausgeschlagen worden. Zwischenrufe aus dem gut gefüllten Zuhörerraum, dass die
Standortwahl doch vom früheren Berliner Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU)
getroffen worden sei, ließ sie unkommentiert. Doch auch den rund 60 Besuchern
ging es weniger darum, mögliche Schuldige für die heftig umstrittene
Flugroutenplanung auszumachen. Sie wollten von Reiche und den
CDU-Ortsvorsitzenden aus Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf vor allem wissen,
ob sie sich für das geplante Volksbegehren für ein generelles Nachtflugverbot
einsetzen werden. Das Verfahren startet am 4. Juni, also unmittelbar nach
Eröffnung des neuen Berliner Flughafens BER in Schönefeld. Innerhalb von sechs
Monate sollen dann 80 000 Unterschriften zusammenkommen. Der Stahnsdorfer
CDU-Ortsverbandsvorsitzende Daniel Mühlner sicherte
ebenso wie seine Kollegen aus Teltow und Kleinmachnow zu, das Volksbegehren in
Stahnsdorf zu unterstützen. Auch das UBA fordert eine Nachtruhe zwischen 22 und
6 Uhr.
Vielen Menschen in der Region bereitet allerdings eine geplante
EU-Verordnung Sorgen: Demnach könnten Nachtflugverbote künftig ausgehebelt
werden, wenn sie „unerwünschte Auswirkungen“ auf die Auslastung oder den
Wettbewerb der Flughäfen haben. Reiche betonte zwar die Richtlinie abzulehnen,
ganz grundsätzlich wollte sie sich jedoch nicht distanzieren. Flughäfen müssten
sich auch aus unternehmerischer Sicht rechnen. alm