PNN 22.3.12
Eine gemeinsame Klage der DHU mit den Gemeinden Stahnsdorf und Kleinmachnow soll die geplante Wannseeroute des Großflughafens kippen.
Region Teltow - Für Kleinmachnow und Stahnsdorf kommt die Hilfe wie gerufen: Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) will das Thema Lärmschutz stärker auf ihre Agenda setzen und unterstützt die beiden Kommunen deshalb bei ihrer Klage vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg. Ziel ist es, die so genannte Wannseeroute für Abflüge vom künftigen Großflughafen Schönefeld zu kippen. Sie sei komplett überflüssig und belaste unnötig viele Menschen, erklärte der Rechtsanwalt Remo Klinger am gestrigen Mittwoch auf einer Pressekonferenz in Berlin. Den Punkt greift auch die DUH auf, die sich bundesweit für Verbraucherrechte einsetzt: „Lärmschutz ist Gesundheitsschutz und eine der wichtigsten Herausforderungen unserer Zeit“, sagte DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch. Sein Verband strebe deshalb bundesweit Musterklagen zu dem Thema an, um so die Interessen der Bürger nachhaltig zu stärken.
Am gestrigen Mittwoch hat das Anwaltbüro Geulen & Klinger die Klage gegen die Wannsee-Route eingereicht – unmittelbar nachdem am Dienstag die Flugrouten für den künftigen Großflughafen Berlin-Schönefeld im Bundesanzeiger veröffentlicht und damit rechtswirksam wurden. Die Begründung der Kläger: Das Verfahren zur Routenfestlegung weise gravierende Fehler auf, unter anderem deshalb, weil die Öffentlichkeit – in diesem Fall die Kleinmachnower und Stahnsdorfer Einwohner – nicht am Festlegungsverfahren beteiligt wurde.
Dass die DHU jetzt mit im Boot sitzt, hat für die Kommunen entscheidende Vorteile: Dem Verband stehen andere Klagebefugnisse zur Verfügung. So kann die DHU etwa die beim Abwägungsverfahren unterlassene Umweltverträglichkeitsprüfung ins Feld führen. Weil während des Verfahrens wider besseren Wissens noch nicht von Parallelstarts und abknickenden Routen ausgegangen wurde, galten Kleinmachnow und Stahnsdorf lange als nicht betroffen, dementsprechend gab es auch keine Umweltprüfung für die Region. Und auch, dass die Bürger nicht an der Diskussion um die tatsächlichen Routen mit einbezogen wurden, wird die DUH jetzt als Argument vor Gericht einbringen. „Jedes kommunale Bebauungsplan-Verfahren würde uns ohne eine Beteiligung der Öffentlichkeit um die Ohren fliegen, es kann nicht sein, dass diese Auflage bei einem so großen Projekt einfach umgangen wird“, sagte Teltows Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD). Die Kommunen selbst könnten gegen diesen Verfahrensfehler nicht klagen, da sie als Verwaltungen über die Fluglärmkommission beteiligt worden waren.
Ein weiteres wichtiges Argument: Beide Gemeinden haben im vergangenen Jahr den EU-Lärmaktionsplan umgesetzt und so genannte ruhige Gebiete ausgewiesen. „Die aber wurden mit der Routenfestlegung komplett konterkariert“, kritisierte Kleinmachnows Bürgermeister Michael Grubert (SPD). Er habe den Eindruck, dass die Kommunen hier bewusst getäuscht worden seien. „Zu keinem Zeitpunkt wurden die wirtschaftliche Interessen denen der Bürger untergeordnet“, so Grubert – auch wenn die Landesregierungen von Berlin und Brandenburg das stets als ihre Maxime verkauft hätten. Die Fluglärmkommission sei demnach eine reine Alibiveranstaltung gewesen.
Teltows Bürgermeister Schmidt saß während der Pressekonferenz noch etwas abseits am Rand: Seine Stadt kann sich derzeit noch nicht an der Klage beteiligen, weil sie laut Routenfestlegung nicht direkt überflogen wird. Da die Piloten de facto aber ab einer Flughöhe von 1500 Fuß von ihren Routen abweichen dürfen, rechnet auch Schmidt mit einer erhöhten Lärmbelastung für Teltow. Wenn der Flughafen Anfang Juni in Betrieb und die Belastung Teltows praktisch nachweisbar sei, werde man ebenfalls vor Gericht ziehen, so Schmidt.