PNN 20.3.12

Inklusion: Fördern statt "inkludieren"

von Thomas Lähns

Potsdam-Mittelmark geht auf Gegenkurs zur „inklusiven Schule“: Während auf Landesebene die Pläne zur Integration von Förderschülern in herkömmliche Klassen immer konkreter werden, will der Landkreis den Kleinmachnower Förderschulen eine Perspektive geben.

Kleinmachnow -  Im Sommer sollen die beiden Einrichtungen – eine für geistig behinderte und eine für Kinder mit Lernschwäche – zusammengelegt und damit fit für die Zukunft gemacht werden. Langfristig soll der Standort im Schleusenweg 84 für fast eine Million Euro ausgebaut werden. Das geht aus einem Antrag der Kreisverwaltung an den Kreistag hervor. Das Gremium soll Ende April darüber abstimmen.

Damit wäre die befürchtete Schließung der „Albert-Schweitzer-Schule für geistige Entwicklung“ vom Tisch. Wie berichtet hatte es Pläne gegeben, die Arbeit dieser Einrichtung auslaufen zu lassen, indem keine Schüler mehr aufgenommen werden. Hintergrund waren neben den Plänen der Landesregierung auch die baulichen Gegebenheiten in der alten Villa im Erlenweg 29. Die Unterrichtsräume sind über vier Etagen verteilt, ein Aufzug ist nicht vorhanden. Trotzdem hatte sich gegen die Schließung im vergangenen Jahr Protest geregt. Zurzeit werden hier 18 Schüler betreut und unterrichtet. Im kommenden Schuljahr werden es laut Kreisverwaltung noch 14 bis 15 sein.

Eine Arbeitsgruppe aus Vertretern der Schulen und des Landkreises als Träger der Einrichtungen hatte sich bereits im November vergangenen Jahres für den Umzug in den Schleusenweg ausgesprochen. Im dortigen eingeschossigen Schulhaus aus den 1930er Jahren werden zurzeit 65 Schüler mit Lernbehinderung unterrichtet. Fünf Räume im nördlichen Gebäudeteil würden die Schweitzer-Schüler beziehen, Utensilien wie Motorikstrecke und Schaukel würde man für sie mitnehmen und wiederaufbauen, ein Schulgarten müsste neu angelegt werden.

Der Vorteil des Standortes zwischen Schleusenweg und Hoher Kiefer: Das Schulgebäude ist ebenerdig und könnte mit geringem Aufwand barrierefrei gemacht werden. Für den Umzug und kleinere Bauarbeiten würden in diesem Jahr 73 000 Euro fällig werden. Langfristig jedoch müssten nach einer vorläufigen Schätzung 820 000 Euro in das Gebäude investiert werden, schreibt das Landratsamt. So müssten die Holzfenster, die zum Teil noch die ersten sind, ausgetauscht und Dach und Fassaden gedämmt und saniert werden.

Der Bildungs- und Kulturausschuss des Kreistages hat diesem Vorhaben auf seiner jüngsten Sitzung bereits einstimmig seinen Segen erteilt. Allerdings hätte man sich mehr Engagement seitens Kleinmachnows gewünscht, so Ausschussvorsitzender Baldur Martin (FBB-Fraktion) gestern gegenüber den PNN. Er spielte damit auf eine Idee an, künftig auch eine kommunale Grundschule in das Projekt mit einzubeziehen, um so zumindest ein Stück weit dem Gedanken der „Inklusiven Schule“ Rechnung zu tragen. Angestoßen hatten diese Diskussion vor gut einem Jahr die Grünen: Im Schleusenweg könnten nicht nur Förder-, sondern auch Grundschüler aus der gesamten Region unterrichtet werden. Allerdings sei es still um diese Idee geworden, so Martin. Das Vorhaben, Förderschüler einfach wieder in Regel-Klassen zu schicken, ist indes umstritten: Für viele sei die Vorstellung, wieder an eine herkömmliche Schule gehen zu müssen, wo sie möglicherweise ausgegrenzt werden, „schrecklich“, hatte eine Sozialpädagogin kürzlich gegenüber den PNN unterstrichen. Inklusion könne nur gelingen, wenn Schüler mit und ohne Förderbedarf in gleichen Teilen an einer Schule vertreten sind.

Ein klares Bekenntnis zum Kleinmachnower Förderschulstandort war auch vergangene Woche in der Kommunalen Arbeitsgemeinschaft Der Teltow gefordert worden. Ein konkreter Beschluss dazu wurde allerdings nicht gefasst – immerhin seien die Förderschulen Einrichtungen des Kreises, wie betont wurde.