PNN 28.1.12

Absurder Streit um "Baumfrevel"

von Ariane Lemme

Kleinmachnower Rathaus setzt auf Verkehrssicherheit im Wald – richtig machen kann es dabei nichts

Kleinmachnow - Es ist ein Drama, das sich in Kleinmachnow abspielt. In der Hauptrolle: der Wald am Weinbergweg. Dem wird, so meinen Anwohner, so übel mitgespielt, dass sie das Schauspiel mit tränenverschleiertem Blick verfolgen. Die Verwaltung ließ im Herbst einige der 700 Jahre alten Eichen am Weinberg „brutal verstümmeln“ – so die Kritiker. Ein Chor aus Bürgern und Umweltschützern schrie entsetzt auf, hielt mit Tränen in den Augen Plädoyers in den Gemeindevertretersitzungen. Für die Sicherheit entlang des Fontane-Wanderwegs sollten ganze Äste gefallen sein?

Das Rathaus hält entgegen, dass es die Wanderer vor herunterstürzenden Ästen schützen muss. Die Verwaltung sei verpflichtet, auch auf ihren Waldwegen für Verkehrssicherheit zu sorgen und morsches Geäst zu beseitigen. Bei Unfällen haftet die Gemeinde, und das könnte bei den klageerprobten Kleinmachnowern richtig teuer werden. Doch Bürgermeister Michael Grubert (SPD) kann es seinen Leuten offenbar nicht recht machen: Für die Kleinmachnower Baumfreunde ist er der Schurke, der sich ans Gesetz klammert und Bürger und Bäume aus dem Blick verliert. Dass ein Gutachten der Naturschutzbehörde feststellte, dass die Pflegemaßnahmen notwendig und sachgemäß waren – geschenkt.

Beim Versuch, den Baumschützern entgegenzukommen, hat es die Verwaltung jetzt noch schlimmer gemacht: Die Eichen werden nicht mehr angefasst, bis ein Kompromiss gefunden ist. Der Fontane-Wanderweg allerdings wurde gesperrt, damit sich niemand verletzt. Man kann es auch so knallhart formulieren, wie FDP-Fraktionsmitglied Bert Handschuhmacher: „Der Bürgermeister hat den Wald komplett zugenagelt“, wie er „fassungslos“ feststellt.

Am Mittwoch mussten die Bürger demnach „mit ansehen“, wie der Bauhof die Zugänge ins Landschaftsschutzgebiet hinter dem Weinberg-Gymnasium „mit schweren Holzbohlen versperrte“. Dabei habe der Wald in Kleinmachnow nicht nur ökologische, sondern auch kulturhistorische Bedeutung für den Ort, referiert Handschuhmacher: „Schon Fontane wanderte unter den Eichen von biblischem Alter.“ Ob die Äste damals schon morsch waren, lässt Handschuhmacher offen.

Auch heute glauben viele Anwohner nicht, dass ihnen tote Äste auf den Kopf fallen könnten – ungeachtet des Behördengutachtens. Die vergangenen acht Jahre hätten schließlich bewiesen, dass Mutter Natur ihre Kinder nicht erschlägt, argumentiert Handschuhmacher: „Schon damals hatte die Gemeindeverwaltung eine der über 700 Jahre alten Eichen auf der Fällliste, weil sie meinte, ein Ast drohe herabzufallen.“ Bürger hatten damals durchgesetzt, den Waldpfad um zehn Meter zu verschieben und die Eiche zu umgehen. Der seit über 50 Jahren abgestorbene Ast sei erst gefallen, als er von der Verwaltung abgesägt wurde, wettert Wald-Anwalt Handschuhmacher.

Den Weg verlegen, das könne man heute wieder tun, sagt Grubert. Dann aber würde er unter anderen morschen Ästen entlang führen, die dann ebenfalls abgesägt werden müssten. Der Zorn der Anwohner – er wäre ihm auch dann gewiss.