PNN 19.1.12
Bürgerinitiativen finden: Begründung zum Nachtflug-Urteil für BER enthält vielversprechende Details
Potsdam-Mittelmark - Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Nachtflugregelung am künftigen Flughafen Berlin-Schönefeld war eine Enttäuschung für die Fluglärmgegner. Aus der Urteilsbegründung, die jetzt erst vorliegt, geht aber zumindest eines klar hervor: Einen Anspruch der Flughafengesellschaft auf nächtliche Flüge gibt es nicht. Bei der Planfeststellung gebe es einen Entscheidungsspielraum der Behörden. Damit werde noch einmal deutlich: „Die Brandenburgische Landesregierung hat Mist gebaut“, interpretiert Matthias Schubert, Sprecher der Kleinmachnower Initiative gegen Fluglärm die Begründung.
Und das aus zwei Gründen: Zum einen sei es nach Ansicht der Leipziger Richter nicht möglich, den Bedarf an nächtlichen Flügen mit dem Status als internationale Drehkreuz zu begründen, so Schubert. „Dazu nämlich hätte der Drehkreuzcharakter bereits in der Anfangsplanung aufgeführt werden müssen.“ Dort aber sei lediglich von einem Flughafen für Berlin und Brandenburg die Rede.
Zum anderen gehe aus der Begründung hervor, dass der Planfeststellung für den künftigen „Flughafen Berlin Brandenburg“ „unrichtige Flugrouten“ zugrunde gelegt wurden, so Schubert. Das brandenburgische Infrastrukturministerium hätte demnach schon bei der Grobplanung vom März 1998 erkennen müssen, dass mit den damals bekannt gegebenen geraden Flugrouten kein Parallelbetrieb möglich sei. Somit stimme eben nicht, dass bei Planung alles „nach Recht und Gesetz“ gelaufen sei, wie Ministerpräsiden Matthias Platzeck (SPD) im November sagte. „Um eine realistische Lärmprognose erstellen zu können, hätten Routen zugrunde gelegt werden müssen, die auch tatsächlich geflogen werden können“, zitiert Schubert aus der Urteilsbegründung des Gerichts. Für die Politiker ergebe sich daraus die moralische Pflicht, zum Schutz der Bürger ein strenges Nachtflugverbot anzuordnen.
Außerdem könnte die Urteilsbegründung Auswirkungen auf die Klage gegen die Standortentscheidung haben, betonte Schubert. Für die Abwägung zu einem möglichen Nachtflugverbot spielen die falschen Ausgangsrouten für die Richter in Leipzig hingegen keine Rolle. Ob Region A oder B nachts überflogen werde, sei grundsätzlich egal, meinen die Richter.
Schubert sieht genau darin aber einen möglichen Verstoß gegen die Menschenwürde. Denn: „Die Betroffenen werden so zu einem Objekt staatlichen Handelns gemacht.“ Die Fluglärmgegener könnten sich dabei auch auf Artikel 2 des Grundgesetzes berufen, in dem es im zweiten Absatz heißt: „Jeder hat das Recht körperliche Unversehrtheit.“
Die Nachtfluggegner argumentieren, der Krach in der Nacht sei gesundheitsgefährdend, was mehrere Gutachten bewiesen hätten. Auch das Umweltbundesamt hatte sich jüngst in einer Untersuchung erneut für ein Nachtflugverbot von 22 Uhr bis 6 Uhr eingesetzt. Der Standort Schönefeld für den Flughafen wird in der Studie heftig kritisiert. Ariane Lemme