PNN 30.12.11

Schwere Vorwürfe gegen Vereinsgründer

von Ariane Lemme

Ex-Geschäftsführer des Kleinmachnower Horts "Pusteblume" soll Gelder unterschlagen haben

Kleinmachnow - Immer wieder fielen den Mitarbeitern des Kleinmachnower Horts „Pusteblume“ Unregelmäßigkeiten auf. So habe die Geschäftsführung trotz wiederholter Aufforderung durch den Vorstand keinen Jahresbericht vorgelegt, seien bestimmte Personen von wichtigen Gesprächen ausgeschlossen worden. Irgendwann, so berichten Mitarbeiter, sei das ganze Kartenhaus zusammengebrochen, beim Überprüfen der Finanzen wäre klar geworden, dass der Verein kurz vor der Pleite stand. Das hätte das Aus für den 2008 gegründeten Hort bedeutet. Die Kleinmachnower Betreuungseinrichtung für derzeit zehn Kinder mit einem geistigen Handicap hätte schließen müssen, hätten nicht engagierte Eltern und Angestellte schnell reagiert: Sie zeigten den Gründer und bisherigen Geschäftsführer Alexander K. wegen des Verdachts der Unterschlagung von Geldern an.

Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft in Potsdam gegen ihn, das bestätigte Sprecher Tom Köpping am Mittwoch. „Die Überprüfung von Finanzmitteln bei Untreue- Ermittlungen dauert erfahrungsgemäß lange“, so Köpping. Sollte sich der Verdacht erhärten, sei mit einem Verfahren nicht vor Mitte 2012 zu rechnen.

Die Vorwürfe, die Mitarbeiter des Vereins gegen seinen Gründer K. erheben, sind schwer: Seit zwei Jahren habe er keine Bücher geführt, dementsprechend auch keinen Jahresbericht vorgelegt. Nicht vakante Stellen seien besetzt worden, K.’s Ehefrau habe zudem noch Gehalt bezogen, nachdem sie bereits seit anderthalb Jahren nicht mehr für den Verein gearbeitet habe, heißt es.

All das hätte den gemeinnützigen Verein, der bislang auch mit öffentlichen Geldern gefördert wurde, in die Pleite getrieben. Auch den zuständigen Ämtern waren die Unregelmäßigkeiten bereits aufgefallen, doch bevor die eingreifen konnten, handelte der Vorstand des Vereins, zeigte K. an und zwang ihn zum Rücktritt.

Weil zunächst unklar war, ob das Hortangebot weiter finanziert werden kann, wurden die Betreuungsverträge für die Kinder zum Jahresende gekündigt. Ein Schock für die Eltern, die auf das in der Region einzigartige Angebot angewiesen sind. Viele sind berufstätig, manche zudem alleinerziehend. So etwa Petra Böhm, deren 19-jährige Tochter seit drei Jahren den Hort besucht. „Sie ist dort ein eigenständiger, selbstbewusster und auch glücklicherer Mensch geworden“, sagt Böhm. Sie selbst habe K. stets als sehr liebevoll im Umgang mit den Kindern erlebt. Umso enttäuschter sei sie angesichts der gegen ihn erhobenen Vorwürfe: „Bis zuletzt habe ich gehofft, dass sich der Verdacht in Luft auflöst.“ Bislang aber ließen alle Gespräche das Gegenteil vermuten. K. selbst habe in einem Brief an die Eltern von Überforderung gesprochen. Weder für die Vereinsmitarbeiter, noch für die PNN ist K. derzeit zu erreichen, sein Diensthandy musste er abgeben.

Nach einer Phase der Ungewissheit scheint jetzt immerhin gesichert, dass es im Januar für den Hort weitergeht. „Wir begreifen den Vorfall als Chance, uns neu zu sortieren“, erklärt die neue Geschäftsführerin Kerstin Kempf-Steinau. Dazu hat sie ein neues Serversystem angeschafft, mit dessen Hilfe jeder Arbeitsschritt dokumentiert werden soll. Ausgaben können künftig nur noch nach dem Sechs-Augen-Prinzip bewilligt werden, im Vorstand dürfen keine aktiven Mitarbeiter des Vereins mehr sitzen – schon gar nicht, wie bisher, der Geschäftsführer, der sich damit quasi selbst überwachte. Die Kinder im Alter zwischen sieben und 19 Jahren werden bislang in dem Haus in der Karl-Marx-Straße von jeweils vier Mitarbeitern betreut. Eine adäquate Alternative für Kinder mit Handicap gebe es hier nicht, so Petra Böhm.