PNN 24.10.11

Bürgerversammlung auf zwei Rädern

von Kirsten Graulich

Agenda und Bürgermeister machten eine Fahrradtour, um Schwachstellen des Radverkehrs zu erkunden

Kleinmachnow – Richtige Fahrradstraßen braucht Kleinmachnow: Radfahrer hätten dann überall Vorrang, der Autoverkehr würde massiv eingeschränkt. So stellt sich die Agenda-Arbeitsgruppe Verkehr die Zukunft auf Kleinmachnows Straßen vor. Zurzeit ist die Realität noch eine andere, nur 18 Prozent der Verkehrsteilnehmer nutzen nach Agendaangaben das Rad. Bis 2020 sollen es laut kommunalem Masterplan 50 Prozent werden. Bis das Ziel erreicht ist, müssen noch eine Menge Schwachstellen im örtlichen Straßennetz abgebaut werden, meinen die Agenda-Akteure.

Am Samstag hatten sie deshalb zu einer „mobilen Bürgerversammlung“ auf dem Fahrrad eingeladen, an der auch Bürgermeister Michael Grubert (SPD) teilnahm. Erster von insgesamt neun Schwerpunkten der Tour war der Übergang zum Rathausmarkt an der Förster-Funke-Allee. Hier stellt der Bürgermeister für das Frühjahr 2012 einen Zebrastreifen in Aussicht. Die Abstimmungen mit der Unteren Verkehrsbehörde würden bereits laufen. Der Grünen-Fraktionsvorsitzenden Barbara Sahlmann reicht das nicht aus: Nebenan würden jeden Morgen Schüler der Maxim-Gorki-Schule die Straße queren, weshalb sie fordert, auch dort einen Übergang zu schaffen. Grubert argumentierte mit den jüngsten Verkehrszahlen, die am Rathausmarkt eine dringlichere Lösung begründen würden. In unmittelbarer Nähe werde ein weiterer Übergang von den Behörden nicht genehmigt. Grubert: „Ich schaffe es nicht, es jedem recht zu machen. Da muss man die Leute auch mal animieren, Regeln einzuhalten und 50 Meter zurückzugehen.“

Der Wunsch, auf kürzestem Wege ans Ziel zu kommen, gab auch an der Kreuzung Hohe Kiefer / Förster-Funke-Allee den Anlass für eine Diskussion. Nachdem dort der Blumenladen abgerissen wurde, soll der Gehweg verbreitert werden, auch um Radfahrern über das nun freie Gelände eine Zufahrt zum Steinweg zu schaffen. Dass die Radler dabei eine kleine Umfahrung um eine Grünfläche in Kauf nehmen müssen, sahen einige Agenda-Vertreter kritisch. Immerhin gab es Einigkeit, vor der Einfahrt in den Steinweg eine Haltelinie auf der Fahrbahn zu markieren, um den Kreuzungsbereich für Fußgänger und Radler freizuhalten.

Eher schwierig scheint eine Lösung im Bereich des Schleusenweges. Dort ist zwar der Nutzungszwang des Radweges per Gerichtsentscheid aufgehoben worden, doch Anwohner berichteten auf der Tour von einem morgendlichen Chaos. Radfahren auf der Fahrbahn sei in Stoßzeiten gefährlich, denn da würden 400 Autos in einer halben Stunde durchfahren, darunter viele Baufahrzeuge. Brennpunkt sei die Kreuzung an der Märkischen Heide, wo es schon Unfälle gab.

Im Steinweg sollen sich die Machtverhältnisse zwischen Blechlawinen und Radlern derweil zugunsten der Radler und Fußgänger ändern, wenn der Steinweg Fahrradstraße wird. Der Antrag laufe, und Bürgermeister Grubert hofft, dass auch die Probleme im Kreuzungsbereich des OdF-Platzes bald gelöst werden können. Drei Vorschläge hatte ein beauftragtes Büro erarbeitet. Jeder war besser als der Ist-Zustand, meint Grubert. Doch in den Ausschüssen der Gemeindevertretung seien alle drei zerredet worden. Grubert setzt nun auf Selbsterfahrung: „Vielleicht sollten die Ausschüsse mal radeln, um so die Problemzonen zu erfahren.“

Barbara Sahlmann musste in der anschließenden Auswertung einräumen, dass auch mangelnde Disziplin von Radfahrern ein Problem sei. Und eine ältere Radlerin schilderte ihre Erlebnisse als Fußgängerin auf dem Zehlendorfer Damm. Um nicht mit Radlern, die dort in beiden Richtungen verkehren, zu kollidieren, müssten die Fußgänger im Gänsemarsch laufen. Der Auffassung Sahlmanns, Radfahrern eine Durchfahrt ohne Halt einzuräumen, widersprach die Dame energisch: „So eine Haltung sollten Radfahrer nicht haben. Ich habe kein Problem damit, auch mal abzusteigen.“ Ihr pflichtete Agendamitglied Peter Weis bei: „Es geht nicht, dass alles nur vom Standpunkt des Radfahrers betrachtet wird.“