PNN 17.10.11
Im Landkreis wird die Hälfte des Stromverbrauchs aus
erneuerbaren Quellen gedeckt – dank Windkraft
Potsdam-Mittelmark - Halbzeit bei der Energiewende in Potsdam-Mittelmark:
Über 50 Prozent des Stromverbrauches werden hierzulande mittlerweile aus
erneuerbaren Energien gedeckt. Das geht aus einer aktuellen Bilanz der
Kreisverwaltung hervor. Demnach seien im vergangenen Jahr insgesamt knapp 800
Millionen Kilowattstunden aus den Steckdosen gekommen, 409 Millionen wurden
dafür aber eingespeist – vor allem aus Windenergie, aber auch aus anderen
regenerativen Quellen. Die Solarkraft ist laut Bericht seit dem vergangenen
Jahr auf dem Vormarsch: Die Verwaltung verweist auf eine Steigerung der
Leistung hiesiger Photovoltaikanlagen auf 600 Prozent.
„Die Grenze des Möglichen ist aber noch lange nicht erreicht“, sagt die
Kreistagsabgeordnete Elke Seidel (Grüne). So gebe es noch unzählige Dächer, die
ohne Solar-Kraftwerke sind. Seidel ist Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft
„Erneuerbare Energien“: Das Gremium holt seit sechs Jahren Verantwortliche an
einen Tisch und wirbt in der Bevölkerung für das Thema. Überzeugungsarbeit gebe
es aber vor allem in den Verwaltungen zu leisten, die sich „sehr bremsend“
verhalten würden. Aber gerade kommunale Dächer sollten Vorbildwirkung
entwickeln, so Frau Dr. Seidel. Reserven sieht sie auch bei der Wasserkraft:
Während derzeit knapp 300 Millionen Kilowattstunden pro Jahr aus Wind- und 11,3
Millionen aus Sonnenenergie gewonnen werden, sind es laut Landratsamt bei der
Wasserkraft nur 235 000. Auch bei Blockheizkraftwerken gebe es Potenziale: „Wir
haben so viele Miethäuser im Raum Teltow, für jedes könnte ein
Blockheizkraftwerk laufen“, so Seidel. Und die würden nicht nur Strom, sondern
auch Wärme erzeugen.
Immerhin: In den vergangenen zehn Jahren hat sich in punkto erneuerbarer
Energien viel getan. 2001, als der Kreistag beschloss, den Ausbau
voranzutreiben, war Potsdam-Mittelmark fast bei Null gestartet. Mittlerweile
gibt es in den meisten Gemeinden mehrere Dutzend Photovoltaikanlagen. Seddiner See ist mit zehn Schlusslicht, Kleinmachnow und
Michendorf liegen mit 48 und 43 aber schon in der Mitte. Und Werder (Havel) und
Teltow mit 84 und 87 befinden sich im vorderen Drittel. Spitzenreiter ist Bad
Belzig: Die Kurstadt glänzt mit 109 Photovoltaikanlagen. Weit weniger
verbreitet sind Blockheizkraftwerke: Je sieben gibt es in Wiesenburg und
Kloster Lehnin, immerhin vier in Groß Kreuz.
Wasserkraftwerke gibt es hierzulande indes kaum – nur drei in Ziesar und je
eines in Beelitz, Treuenbrietzen und Brück.
Am stärksten machen sich aber nach wie vor die Windräder in der
Energiebilanz bemerkbar. Mit 50 solcher Anlagen erreicht die Stadt Treuenbrietzen
den Spitzenwert bei der Energieerzeugung insgesamt: 85 Millionen
Kilowattstunden wurden hier, vor allem im „energieautarken“ Ortsteil Feldheim,
im vergangenen Jahr gewonnen. Im Amt Niemegk stehen 34 Windräder, und mit knapp
70 Millionen Kilowattstunden nimmt diese Kommune den dritten Platz in der
Gesamtbilanz ein. Auf Platz zwei liegt die Gemeinde Kloster Lehnin
mit 71 Millionen Kilowattstunden. Hier gibt es 26 Windräder, aber eben auch
viele Solaranlagen und Blockheizkraftwerke.
Gerade das Thema Windenergie sorgt jedoch in vielen Mittelmark-Kommunen
für erhitzte Gemüter. In Beelitz hat sich eine Bürgerinitiative gegen
den Bau von Windrädern im Fichtenwalder
Kiefernforst gebildet, und auch in Werder wird man allmählich hellhörig. Wie in
der verangenen Woche im Bauausschuss zu erfahren war,
seien bereits Makler unterwegs, um Land auf der Glindower
Platte zu erwerben. Das Gremium will jetzt die Ortsbeiräte
zusammenholen, um über einen Teilflächennutzungsplan zu diskutieren.
Den hat die Stadt Beelitz bereits in Auftrag gegeben. „Diese
Vorangehensweise ist völlig korrekt“, befindet Elke Seidel. Nur so sei es
möglich, Anzahl, Typen und Höhe der Anlagen zu begrenzen. Auf dem Weg zur
hundertprozentigen Deckung des Energiebedarfes in Brandenburg aus erneuerbaren
Quellen brauche man keine weiteren Windeignungsgebiete, sagt sie. „Die
Konflikte zeigen, dass die Flächen auf dem Rücken der Bürger verdoppelt
werden.“ Stattdessen solle man jeder Kommune selbst überlassen, wie sie ihr
eigenes 100-Prozent-Ziel erreichen will. Und schließlich sei die Erzeugung von
Energie nicht alles: Man müsse auch anfangen, Energie zu sparen. Dann könne es
gelingen, bis spätestens 2018 sämtlichen Strom, der im Landkreis verbraucht
wird, aus erneuerbaren Energien zu gewinnen.