PNN 17.10.11

Halbzeit bei der Energie-Wende

von Thomas Lähns

Im Landkreis wird die Hälfte des Stromverbrauchs aus erneuerbaren Quellen gedeckt – dank Windkraft

Potsdam-Mittelmark - Halbzeit bei der Energiewende in Potsdam-Mittelmark: Über 50 Prozent des Stromverbrauches werden hierzulande mittlerweile aus erneuerbaren Energien gedeckt. Das geht aus einer aktuellen Bilanz der Kreisverwaltung hervor. Demnach seien im vergangenen Jahr insgesamt knapp 800 Millionen Kilowattstunden aus den Steckdosen gekommen, 409 Millionen wurden dafür aber eingespeist – vor allem aus Windenergie, aber auch aus anderen regenerativen Quellen. Die Solarkraft ist laut Bericht seit dem vergangenen Jahr auf dem Vormarsch: Die Verwaltung verweist auf eine Steigerung der Leistung hiesiger Photovoltaikanlagen auf 600 Prozent.

„Die Grenze des Möglichen ist aber noch lange nicht erreicht“, sagt die Kreistagsabgeordnete Elke Seidel (Grüne). So gebe es noch unzählige Dächer, die ohne Solar-Kraftwerke sind. Seidel ist Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft „Erneuerbare Energien“: Das Gremium holt seit sechs Jahren Verantwortliche an einen Tisch und wirbt in der Bevölkerung für das Thema. Überzeugungsarbeit gebe es aber vor allem in den Verwaltungen zu leisten, die sich „sehr bremsend“ verhalten würden. Aber gerade kommunale Dächer sollten Vorbildwirkung entwickeln, so Frau Dr. Seidel. Reserven sieht sie auch bei der Wasserkraft: Während derzeit knapp 300 Millionen Kilowattstunden pro Jahr aus Wind- und 11,3 Millionen aus Sonnenenergie gewonnen werden, sind es laut Landratsamt bei der Wasserkraft nur 235 000. Auch bei Blockheizkraftwerken gebe es Potenziale: „Wir haben so viele Miethäuser im Raum Teltow, für jedes könnte ein Blockheizkraftwerk laufen“, so Seidel. Und die würden nicht nur Strom, sondern auch Wärme erzeugen.

 

Immerhin: In den vergangenen zehn Jahren hat sich in punkto erneuerbarer Energien viel getan. 2001, als der Kreistag beschloss, den Ausbau voranzutreiben, war Potsdam-Mittelmark fast bei Null gestartet. Mittlerweile gibt es in den meisten Gemeinden mehrere Dutzend Photovoltaikanlagen. Seddiner See ist mit zehn Schlusslicht, Kleinmachnow und Michendorf liegen mit 48 und 43 aber schon in der Mitte. Und Werder (Havel) und Teltow mit 84 und 87 befinden sich im vorderen Drittel. Spitzenreiter ist Bad Belzig: Die Kurstadt glänzt mit 109 Photovoltaikanlagen. Weit weniger verbreitet sind Blockheizkraftwerke: Je sieben gibt es in Wiesenburg und Kloster Lehnin, immerhin vier in Groß Kreuz. Wasserkraftwerke gibt es hierzulande indes kaum – nur drei in Ziesar und je eines in Beelitz, Treuenbrietzen und Brück.

Am stärksten machen sich aber nach wie vor die Windräder in der Energiebilanz bemerkbar. Mit 50 solcher Anlagen erreicht die Stadt Treuenbrietzen den Spitzenwert bei der Energieerzeugung insgesamt: 85 Millionen Kilowattstunden wurden hier, vor allem im „energieautarken“ Ortsteil Feldheim, im vergangenen Jahr gewonnen. Im Amt Niemegk stehen 34 Windräder, und mit knapp 70 Millionen Kilowattstunden nimmt diese Kommune den dritten Platz in der Gesamtbilanz ein. Auf Platz zwei liegt die Gemeinde Kloster Lehnin mit 71 Millionen Kilowattstunden. Hier gibt es 26 Windräder, aber eben auch viele Solaranlagen und Blockheizkraftwerke.

Gerade das Thema Windenergie sorgt jedoch in vielen Mittelmark-Kommunen für erhitzte Gemüter. In Beelitz hat sich eine Bürgerinitiative gegen den Bau von Windrädern im Fichtenwalder Kiefernforst gebildet, und auch in Werder wird man allmählich hellhörig. Wie in der verangenen Woche im Bauausschuss zu erfahren war, seien bereits Makler unterwegs, um Land auf der Glindower Platte zu erwerben. Das Gremium will jetzt die Ortsbeiräte zusammenholen, um über einen Teilflächennutzungsplan zu diskutieren.

Den hat die Stadt Beelitz bereits in Auftrag gegeben. „Diese Vorangehensweise ist völlig korrekt“, befindet Elke Seidel. Nur so sei es möglich, Anzahl, Typen und Höhe der Anlagen zu begrenzen. Auf dem Weg zur hundertprozentigen Deckung des Energiebedarfes in Brandenburg aus erneuerbaren Quellen brauche man keine weiteren Windeignungsgebiete, sagt sie. „Die Konflikte zeigen, dass die Flächen auf dem Rücken der Bürger verdoppelt werden.“ Stattdessen solle man jeder Kommune selbst überlassen, wie sie ihr eigenes 100-Prozent-Ziel erreichen will. Und schließlich sei die Erzeugung von Energie nicht alles: Man müsse auch anfangen, Energie zu sparen. Dann könne es gelingen, bis spätestens 2018 sämtlichen Strom, der im Landkreis verbraucht wird, aus erneuerbaren Energien zu gewinnen.