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Von Alexander Fröhlich
Schönefeld - Die Fluglärmkommission blockiert sich selbst und gerät dadurch
zunehmend unter Zeitdruck. Mit Spannung erwartete Beschlüsse zu den Flugrouten
rund um den neuen Hauptstadtflughafen BBI konnte das Gremium am gestrigen
Montag nicht treffen. Alle Entscheidungen zu den Start- und Anflugrouten wurden
auf die nächste Sitzung am 9. Mai vertagt. Die Deutschen Flugsicherung (DFS)
aber drängt auf schnelle Entscheidungen. Der Berliner Chef der Flugsicherung,
Hans Niebergall, sagte: „Wir erwarten bis Ende Mai ein Beratungsergebnis, damit
unsere Abwägungen vollständig geschrieben werden und dem Bundesamt für
Flugsicherung zeitgerecht zur Verfügung gestellt werden können.“ Ergebnisse
sollen Anfang nächsten Jahres noch vor Inbetriebnahme des BBI im Juni 2012
vorliegen. Allerdings wachsen bei Mitgliedern der Kommission Zweifel, ob ein
Beschluss bis Mai überhaupt zustande kommt.
Nach Angaben des Brandenburger Infrastrukturministeriums sind noch zwei
Sitzungen am 9. und 23. Mai sowie eine Schlussrunde am 6. Juni geplant. Der
Bürgermeister von Werder (Havel) Werner Große (CDU) sagte, es gebe „so
widerstrebende Interessen in der Kommission, dass es ganz schwierig wird, einen
Konsens zu finden“. Der Bürgermeister von Blankenfelde-Mahlow, Ortwin Baier
(SPD), glaubt nicht an eine Punktlandung. „Im Moment ist die Kommission nur ein
zahnloser Tiger. So sehr sind wir zerstritten.“ Das Gremium komme keinen
Schritt weiter. Der Zeuthener Initiativen-Sprecher Martin Henkel sagte: „Es
gibt noch ganz viele offene Themen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir das
bis Ende Mai durchkriegen.“ Von „Chaostagen“ sprach Markus Peichl vom Bündnis
Berlin Brandenburg gegen neue Flugrouten. „Ich frage mich, wie der BBI in
Betrieb gehen soll. Die Flugsicherung wägt schon mögliche Routen ab und geht in
die Feinplanung, für die die Fluglärmkommission nicht mal eine Empfehlung
abgegeben hat.“ Es gebe keine belastbare Zahlen zum Fluglärm für einzelnen
Routen-Varianten.
Auf der turbulenten Sitzung hat eine Mehrheit lediglich den Ende März gefassten
Beschluss für die Routenführung in unmittelbarer Nähe des BBI bekräftigt.
Blankenfelde-Mahlow wollte ein neues Votum erzwingen, weil es den
März-Beschluss wegen Formfehlern für nichtig hält. Zudem wurde eine
Arbeitsgruppe eingesetzt, die die Vorarbeiten für ein Sicherheitsgutachten für
parallele Geradeausstarts wie in München leisten soll.
Ende März hatte sich das Gremium auf einen Vorschlag für die Abflugrouten in
BBI-Nähe einigen können. Demnach würden die in Richtung Osten startenden
Maschinen von der Nordbahn geradeaus fliegen, von der Südbahn nach dem Start
scharf nach Süden abknicken. In Richtung Westen ginge es von der Nordbahn
zunächst geradeaus, die Routen der von der Südbahn startenden Flieger würden um
mindestens 15 Grad nach Süden abknicken. Damit würden Lichtenrade,
Lichterfelde, Kleinmachnow, Teltow und Stahnsdorf verschont.
Weiter unklar ist aber, ob die nach Westen startenden Maschinen früh abbiegen
und Wannsee überfliegen oder den Knick erst später machen, wenn sie Potsdam im
Süden passiert haben, oder sogar erst bei Werder. Das sollte am Montag besprochen
werden, wurde aber ebenso vertagt wie die Anflugrouten. Die Havelseen-Region um
Potsdam lehnt die Vorschläge der Flugsicherung ab. Einer der Korridore verläuft
genau über Werder, Teile von Potsdam und die Havelseen. Bürgerinitiativen und
Kommunen fordern die Westgrenze für Anflüge außerhalb der A10 zu ziehen.
Nicht zur Sprache kam auch die überraschende Genehmigung der Lärmgebühren für
Nachtflüge durch Brandenburgs Infrastrukturminister Jörg Vogelsänger (SPD). Die
Gebühren liegen deutlich unter den von der Fluglärmkommission empfohlenen
Sätzen. Kommissionschefin Kathrin Schneider sagte: Die endgültige
Entscheidung über die Empfehlungen des Gremiums „liegt in der Macht“ anderer.