PNN
Brandenburg-Berlin
Von Alexander Fröhlich
Schönefeld - Während sich die Proteste Tausender Menschen aus
Berlin und Brandenburg immer stärker gegen die Ausbaupläne für den neuen
Hauptstadtflughafen BBI richten, suchte die Fluglärmkommission am Montag erneut
nach Kompromissen. Am Nachmittag wurde klar: Die Kommissionsmitglieder konnten
sich gar nicht erst damit befassen, diskutierten stattdessen über Details. So
bleibt unklar, ob die nach Westen startenden Maschinen früh abbiegen und dann
Wannsee überfliegen oder den Knick erst später machen, wenn sie auch Potsdam im
Süden passiert haben, oder sogar erst bei Werder.
Ende März hatte sich das Gremium auf einen Vorschlag für die Abflugrouten vom
BBI einigen können. Demnach würden die in Richtung Osten startenden Maschinen
von der Nordbahn geradeaus fliegen, von der Südbahn kurz nach dem Start scharf
nach Süden abknicken. In Richtung Westen ginge es von der Nordbahn für die
Flieger zunächst geradeaus, die Routen der von der Südbahn startenden Flugzeuge
würden um mindestens 15 Grad nach Süden abknicken.
Allerdings hatte auch der Kompromiss nur kurzen Bestand. Mehrere
Bürgerinitiativen schlugen Alarm und kündigten neue Klagen gegen den Flughafen
und den Lärm an. Die Kommissionsmitglieder aus Blankenfelde-Mahlow legten wegen
eines Formfehlers Protest gegen das Votum zu den Routen ein.
Blankenfelde-Mahlow, ohnehin schon vom Fluglärm startender und landender
Maschinen am stärksten betroffen, wäre auch mit der neuen Lösung der Verlierer.
Nach den ursprünglichen Vorschlägen der Deutschen Flugsicherung sollte der Ort
am westlichen Rand des Flughafens entlastet werden. Allerdings hatten im
September 2010 genau jene Pläne für einen unabhängigen Parallelbetrieb der
Startbahnen die Proteste in zahlreichen anderen Gemeinden und in den südlichen
Bezirken Berlins ausgelöst.
Mit den neuen Empfehlungen der Fluglärmkommission würde Lichtenrade durch die
Geradeausstarts von der Nordbahn nicht überflogen. Auch Lichterfelde,
Kleinmachnow, Teltow und Stahnsdorf würden verschont. Wie sich die Flugrouten
in weiterer Entfernung weiter auffächern, wurde am Montag in Schönefeld gar nicht
erst diskutiert. So ist noch unklar, ob die nach Westen startenden Maschinen
früh abbiegen und dann Wannsee überfliegen oder den Knick erst später machen,
wenn sie auch Potsdam im Süden passiert haben.
Allerdings gibt es gegen das Abknicken von der Südbahn Widerstand in Rangsdorf,
weil die Maschinen dicht am Vogelschutzgebiet Rangsdorfer See vorbeifliegen
würden. Die Initiative will Beschwerde bei der EU-Kommission einreichen und
warnt vor erhöhter Gefahr eines Vogelschlags. Bei Starts in Richtung Osten
hatte die Kommission das scharfe Abknicken Richtung Süden nach dem Start
empfohlen, damit das Zentrum von Zeuthen nicht überflogen wird. Piloten und
Bürger bezweifeln, dass das bei der Mehrzahl der Maschinen möglich ist. Die
Zeuthener Bürgerinitiative fordert daher Geradeaus-Starts von der Südbahn.
Die Fluglärmkommission hat beratende Funktion, die Flugsicherung entwirft die
Routen, die vom Bund genehmigt werden. Die aus 38 Mitgliedern bestehende
Kommission steht unter Druck. Immer mehr Gemeinden wollen aufgenommen werden.
Zuletzt bekamen Hoppegarten, Schöneiche und Woltersdorf Zutritt. Den verlangen
auch die Gemeinden Nuthetal, Schwielowsee, Werder (Havel) und Michendorf in der
Havelsee-Region rund um Potsdam. Dort stoßen die DFS-Vorschläge für die Anflugrouten
auf Kritik.
Einer der Korridore verläuft genau über Werder, Teile von Potsdam und die
Havelseen. „Komprimiert würden landende Flugzeuge in 1000 Meter Höhe über
unsere anerkannten Erholungsorte hinwegdonnern. Das wäre eine Katastrophe“,
sagte Werders Bürgermeister Werner Große (CDU). Bürgerinitiativen und Kommunen
der Region laufen Sturm und fordern, stattdessen die Westgrenze für die Anflüge
außerhalb der A10 zu ziehen und einen festen Überflugpunkt westlich des
Autobahndreiecks Werder, also am Schnittpunkt von A 2 und A10, festzulegen.
Nun wird sich die Kommission erst auf der nächsten Sitzung am 9. Mai damit
befassen.