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Mit Krach gegen Lärm

Hip-Hop als Protestmittel auf Flugrouten-Demo (11.04.11)

Berlin-Schönefeld - Nachdem die Kleinmachnower Bürgerinitiative den vergangenen Protestzug gegen Flugrouten, Fluglärm und Flughafen-Ausbau als Veranstalter angeführt hatte, bildete sie gestern die Nachhut. Am Ende der Schlange marschierten sie in Schönefeld die B 96 entlang – begleitet von lauten Hip-Hop-Klängen und Elektro-Beats. Das letzte Glied der Protestkette war ein „Rave-Truck“, von Kleinmachnower Jugendlichen mit zwei dröhnenden Boxen bestückt.

„Wir wollen einfach Stimmung machen“, erklärte der 14-jährige Simon Laslo die Idee, sich beim Flugrouten-Protest einzureihen. „Und Spaß haben“, sekundierte sein elfjähriger Bruder Fabian. So ganz einverstanden schien eine ältere Demonstrantin mit der lautstarken Unterstützung aber nicht zu sein. Denn bevor der Protestzug sich in Bewegung setzte, rügte sie: „Macht nicht so viel Krach, das vertrag'' ich nicht!“ Genützt hat es ihr wenig: Mit 95 Dezibel donnerte es aus den Lautsprechern, die sich die Jugendlichen von ihrer Schule, dem Potsdamer Filmgymnasium, geborgt hatten. Das ist zwar noch lauter als die 65 Dezibel, mit denen Jets über die Region Teltow donnern würden, wenn die gegenwärtigen Flughafen-Pläne verwirklicht werden. Aber ganz nach dem Motto „Mit Krach gegen Lärm“ forcieren die Jungs die Lautstärke.

„Bisher haben sich nur wenige Jugendliche an dem Protest beteiligt“, meint Simon Laslo, „das wollen wir ändern.“ Deshalb hat er auf Twitter und Facebook die Werbetrommel gerührt. Denn dass auch junge Menschen an der Flugrouten-Diskussion nicht mehr vorbeikommen, wissen er und sein Bruder aus eigener Erfahrung. „Bei uns zu Hause ist das seit Wochen Thema“, sagen die beiden. Deren Mutter ist begeistert vom jugendlichen Enthusiasmus. „Die Jugend gehört dazu und ist vom Fluglärm genauso betroffen“, sagt sie. Und da sich junge Menschen ohnehin ständig über Politik und Politiker ärgern würden, sei es wichtig, dass sie aktiv werden und mitkommen, wenn die Großen auf die Straße gehen.

Gestern zumindest haben die jugendlichen Demonstranten vielfach lesen können, dass Politikverdruss nicht nur ein Thema ihrer Generation ist. Unter die inzwischen schon bekannten Protestlosungen mischten sich Plakate, auf denen gezielt Politiker wie Wowereit und Platzeck attackiert wurden. „Weg mit der Lüge“, „Die Last der politischen Lüge“ oder „Lug und Betrug“ war da zu lesen.

Gezweifelt wird zudem nicht mehr nur an der Glaubwürdigkeit der Politik. Denn nachdem das Bundesverwaltungsgericht in der vergangenen Woche angedeutet hat, dass die beiden Privatklagen gegen die Planfeststellung zum Ausbau des BBI möglicherweise zu spät eingereicht worden seien, sieht Schubert das Rechtsstaatsprinzip verletzt. Eingereicht wurden die Klagen, denen sich auch Kleinmachnow angeschlossen hat, im vergangenen Dezember. „Sollte sich ergeben, dass die Menschen selbst vor dem obersten deutschen Verwaltungsgericht keinen Schutz mehr vor einer Planung erwarten dürfen, die derart vom Realitätssinn abweicht, würde dies dem Rechtsstaatprinzip nicht mehr gerecht“, so Matthias Schubert, Sprecher der Kleinmachnower Bürgerinitiative gegen die Flugrouten. Beim da vorgezeichneten Weg zum Bundesverfassungsgericht und zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte könnte sich Kleinmachnow dann wieder ganz vorn einreihen. Peter Könnicke