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Berlin-Schönefeld - Nachdem die Kleinmachnower Bürgerinitiative den
vergangenen Protestzug gegen Flugrouten, Fluglärm und Flughafen-Ausbau als
Veranstalter angeführt hatte, bildete sie gestern die Nachhut. Am Ende der
Schlange marschierten sie in Schönefeld die B 96 entlang – begleitet von lauten
Hip-Hop-Klängen und Elektro-Beats. Das letzte Glied der Protestkette war ein
„Rave-Truck“, von Kleinmachnower Jugendlichen mit zwei dröhnenden Boxen
bestückt.
„Wir wollen einfach Stimmung machen“, erklärte der 14-jährige Simon Laslo die
Idee, sich beim Flugrouten-Protest einzureihen. „Und Spaß haben“, sekundierte
sein elfjähriger Bruder Fabian. So ganz einverstanden schien eine ältere
Demonstrantin mit der lautstarken Unterstützung aber nicht zu sein. Denn
bevor der Protestzug sich in Bewegung setzte, rügte sie: „Macht nicht so viel
Krach, das vertrag'' ich nicht!“ Genützt hat es ihr wenig: Mit 95 Dezibel
donnerte es aus den Lautsprechern, die sich die Jugendlichen von ihrer Schule,
dem Potsdamer Filmgymnasium, geborgt hatten. Das ist zwar noch lauter als die
65 Dezibel, mit denen Jets über die Region Teltow donnern würden, wenn die
gegenwärtigen Flughafen-Pläne verwirklicht werden. Aber ganz nach dem Motto
„Mit Krach gegen Lärm“ forcieren die Jungs die Lautstärke.
„Bisher haben sich nur wenige Jugendliche an dem Protest beteiligt“, meint
Simon Laslo, „das wollen wir ändern.“ Deshalb hat er auf Twitter und Facebook
die Werbetrommel gerührt. Denn dass auch junge Menschen an der
Flugrouten-Diskussion nicht mehr vorbeikommen, wissen er und sein Bruder aus
eigener Erfahrung. „Bei uns zu Hause ist das seit Wochen Thema“, sagen die
beiden. Deren Mutter ist begeistert vom jugendlichen Enthusiasmus. „Die Jugend
gehört dazu und ist vom Fluglärm genauso betroffen“, sagt sie. Und da sich
junge Menschen ohnehin ständig über Politik und Politiker ärgern würden, sei es
wichtig, dass sie aktiv werden und mitkommen, wenn die Großen auf die Straße gehen.
Gestern zumindest haben die jugendlichen Demonstranten vielfach lesen können,
dass Politikverdruss nicht nur ein Thema ihrer Generation ist. Unter die
inzwischen schon bekannten Protestlosungen mischten sich Plakate, auf denen
gezielt Politiker wie Wowereit und Platzeck attackiert wurden. „Weg mit der
Lüge“, „Die Last der politischen Lüge“ oder „Lug und Betrug“ war da zu lesen.
Gezweifelt wird zudem nicht mehr nur an der Glaubwürdigkeit der Politik. Denn
nachdem das Bundesverwaltungsgericht in der vergangenen Woche angedeutet hat,
dass die beiden Privatklagen gegen die Planfeststellung zum Ausbau des BBI
möglicherweise zu spät eingereicht worden seien, sieht Schubert das
Rechtsstaatsprinzip verletzt. Eingereicht wurden die Klagen, denen sich auch Kleinmachnow
angeschlossen hat, im vergangenen Dezember. „Sollte sich ergeben, dass die
Menschen selbst vor dem obersten deutschen Verwaltungsgericht keinen Schutz
mehr vor einer Planung erwarten dürfen, die derart vom Realitätssinn abweicht,
würde dies dem Rechtsstaatprinzip nicht mehr gerecht“, so Matthias Schubert,
Sprecher der Kleinmachnower Bürgerinitiative gegen die Flugrouten. Beim da
vorgezeichneten Weg zum Bundesverfassungsgericht und zum Europäischen
Gerichtshof für Menschenrechte könnte sich Kleinmachnow dann wieder ganz vorn
einreihen. Peter Könnicke