PNN
Von Karin Christmann, Klaus Kurpjuweit und Hagen Ludwig
Schönefeld/Berlin - Mit den künftigen Flugrouten am neuen Flughafen in
Schönefeld soll sich jetzt auch die EU-Kommission beschäftigen. Die
Bürgerinitiative Schallschutz Rangsdorf will zusammen mit Naturschutzverbänden
innerhalb der nächsten vier Wochen eine Beschwerde in Brüssel einreichen, weil
bei einem dichten Vorbeifliegen am Vogelschutzgebiet Rangsdorfer See
EU-Richtlinien zum Naturschutz verletzt würden. Zudem warnt der Vorsitzende der
Initiative, Robert Nicolai, vor der Gefahr eines Vogelschlags, die am
Naturschutzgebiet besonders hoch sei. Bis zu 40 000 Tiere werden dort nach
Angaben des Bundesamts für Naturschutz gezählt; vorwiegend Gänse. Aber auch
Kraniche rasten dort. Nicolai wirft den Planern vor, das Problem
herunterzuspielen.
Es sei sicher nicht optimal, über ein Vogelschutzgebiet zu fliegen, sagte auch
der Sprecher der Pilotenvereinigung Cockpit, Jörg Handwerg. Vor dem Festlegen
einer Route müsse deshalb genau untersucht werden, mit welchen Vogelschwärmen
in welchen Höhen zu rechnen sei. Nach Nicolais Angaben würden schwere Flugzeuge
nach dem Start am Rangsdorfer See erst eine Höhe von rund 500 Metern erreicht
haben; Gänse könnten aber bis zu 1000 Meter hoch fliegen, und Kraniche könnten
sich sogar zwei Kilometer in die Höhe winden. Im Luftfahrthandbuch der DFS sei
der Rangsdorfer See als „Gebiet mit erheblicher Vogelschlag- und
Störungsgefahr“ ausgewiesen. Ob ein Vogelschutzgebiet, wo es besonders viele
Tiere gebe, grundsätzlich ein Sicherheitsproblem sei, lasse sich pauschal
allerdings nicht sagen, fügte Herweg hinzu. „Wir fliegen immer, wo es auch
Vögel gibt“, sagte er. Auch der Münchner Flughafen liegt zum Teil in einem
Vogelschutzgebiet.
Die Deutsche Flugsicherung (DFS) verwies darauf, dass es für Vogelschwärme ein
Früherkennungssystem gebe. Entdecke ein Pilot einen Schwarm am Himmel, warne er
auch die Fluglotsen. Klassische Routen für Vogelzüge seien zudem bekannt. Beim
Festlegen der Routen stehe die Sicherheit an erster Stelle.
Ein dichtes Vorbeifliegen am Rangsdorfer See war im Genehmigungsverfahren für
den Ausbau Schönefelds nicht vorgesehen. Jetzt wird diese Variante favorisiert,
um Flugzeuge parallel von beiden Bahnen starten lassen zu können.
Im April werden Gegner der geplanten Flugrouten nicht mehr nur zu Lande,
sondern auch auf dem Wasser protestieren. Am Donnerstagabend informierte das
Bündnis „Keine Flugrouten über Berlin“ im Rathaus Zehlendorf über die
Geschehnisse der vergangenen Monate. Dabei kündigte der Wassersportler Klaus
Schulze einen Bootskorso an. Mit ihm will er gegen Überflüge der Havel, des
Wannsees und des Forschungsreaktors im Stadtteil Wannsee protestieren. Am 16.
April, einem Samstag, wird Schulze vom Stößensee über die Oberhavel in den
Wannsee fahren. „Ich hoffe auf mehr als hundert Boote“, sagte er. Bisher hat er
nach eigenen Angaben zehn bis zwanzig Mitstreiter gefunden. Zu dem
Informationsabend waren rund 350 Zehlendorfer gekommen – mehr als Sitzplätze
vorhanden waren.
Am Sonntag findet von 16 Uhr bis 18 Uhr im Schönefelder Flughafengebäude
erneut eine Protestaktion gegen die geplanten Flugrouten statt. Das sei keine
Großdemonstration, erklärte Initiatorin Christine Laslo von der
Bürgerinitiative Kleinmachnow. Beabsichtigt sei, dass eine kleinere Gruppe den
Protest aller von den neuen Flugrouten betroffenen Regionen im Flughafengebäude
deutliche mache. „Fluggäste sollen freundlich angesprochen und mit Flyern über
die bewusste staatliche Täuschung hinsichtlich der abknickenden Flugrouten
informiert werden“, kündigte der Kleinmachnower Initiativensprecher Matthias
Schubert an.
Am kommenden Montag tagt erneut die Fluglärmkommission, um über die künftigen
An- und Abflugrouten zu beraten. Eingebracht werden soll auch ein gemeinsamer
Vorschlag des Landkreises Potsdam-Mittelmark. Demnach soll die Westgrenze für
die Anflüge außerhalb des Berliner Rings gezogen werden (PNN berichteten). Die
nächste große Demonstration des Bündnisses Berlin Brandenburg gegen neue
Flugrouten in Schönefeld ist für den 10. April geplant.