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Von Tobias Reichelt
Kleinmachnow - Es sind diese stillen Momente, in denen Autofahrern der
Schweiß auf die Stirn steigt: Julian Affeldt dreht den Schlüssel seines Smarts
im Schloss herum und es passiert rein gar nichts. Kein Zündfunken, kein
Aufheulen, kein Motorblubbern. Alles ist ruhig, aber auch Affeldt selbst. „Der
ist an“, sagt er, greift zum Lederlenkrad und tritt vorsichtig auf das
Gaspedal. Wie von Geisterhand bewegt, setzt sich das Smart-Cabrio begleitet von
einem leisen Surren und Zwitschern in Bewegung. „Wir sitzen auf 400 Volt, aber
das ist sicher“, sagt Affeldt, dann gibt er „Vollstrom“.
Der 41-jährige Familienvater aus Kleinmachnow ist einer von 1500
Elektro-Smart-Testern weltweit. Seit November sind die strombetriebenen,
grün-weißen Zweisitzer in Metropolen wie Paris, London, Rom, Mailand, Zürich,
Madrid, Hamburg und Berlin unterwegs – und einer rollt in Kleinmachnow. Die
Fahrer und ihre Familien testen den Elektro-Wagen auf Herz und Nieren, oder
besser gesagt auf Reichweite und Tauglichkeit. Die meisten, so auch Affeldt,
haben sich darum beworben und müssen normale Leasinggebühren für den Wagen
zahlen und viele Fragen beantworten. Dafür kommen sie in den Genuss, schon vor
der offiziellen Markteinführung im kommenden Jahr elektrisch zu fahren.
„Es ist einfach ein unheimliches Erlebnis, schon jetzt bei so einer Sache dabei
zu sein“, ruft Affeldt bei der Tour mit offenem Verdeck vom Fahrersitz hinüber.
Die Sonne scheint, der Wind zerzaust die Haare, zu hören sind nur die
Abrollgeräusche der Reifen. Leise gleitet der Flitzer am Machnower See vorüber.
„Das ist wie Zugfahren und Fliegen“, ruft Affeldt.
Der E-Smart fährt stufenlos, Ruckler vom Schalten gibt es bei dem 30 kW bzw.
etwa 45 PS starken Elektromotor nicht, er hat nur einen Gang – für beide
Richtungen: Geht es rückwärts, dreht der Elektromotor in die Gegenrichtung. Von
0 auf 60 km/h schafft es der Smart in 6,5 Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit
wurde auf 100 km/h begrenzt. Die Akkus sitzen dort, wo sonst der Benzintank
wäre. Der Platz im Inneren ist genauso groß wie im normalen Smart. Die
Reichweite liegt bei 135 Kilometern – kann aber schwanken.
„Im Winter, wenn die Heizung an ist, schafft er nur 100 Kilometer, im Sommer
dafür 150“, sagt Affeldt. Kurz vor Beginn des Schneechaos Ende vergangenen
Jahres hat die umweltbewusste Familie ihren Smart bekommen. Minusgrade,
Eisglätte – „da musste er sich bewähren“, sagt Affeldt. Probleme gab es nicht.
Trotz der Kälte war die Leistung immer gleich gut. Da kennt Affeldt andere
Zeiten: Der Lehrer ist ein erfahrener Elektroauto-Fahrer. Vor drei Jahren hatte
er sich einen „City El“ angeschafft, ein Elektro-Zweisitzer mit drei Rädern. Im
Winter fuhr der immer etwas langsamer, sprang schlecht an. Das gibt es
beim Elektro-Smart nicht. „Und auch das kleine Cello meiner Tochter passt
gerade noch in den Kofferraum“, sagt Affeldt.
Der Elektro-Smart ist zum festen Bestandteil der Familie geworden. Affeldt
fährt damit zur Schule, seine Frau bringt die Kinder zum Sport oder zum
Musikunterricht. Um den leeren Akku aufzuladen, muss der Smart für maximal acht
Stunden ans Netz. Da Affeldt regelmäßig nachlädt, ist der Akku nur selten ganz
leer. Für die tägliche Strecke zur Arbeit, 22 Kilometer von Kleinmachnow nach
Großbeeren, werden nur rund zehn Prozent der Ladung verbraucht.
„Stehengeblieben bin ich noch nie“, sagt er. Natürlich sei der Smart ein Wagen
für kurze Strecken. „Aber wer fährt am Tag schon mehr als 100 Kilometer?“,
fragt Affeldt. Zudem stehe das Auto oft rum. Zeit zum Laden sei genug.
Es erstaune ihn immer wieder zu sehen, für wie wenige Fahrten man ein großes
Auto brauche. Der eigentliche Familienwagen – ein benzinbetriebener Opel –
bleibe immer öfter stehen. Es freue ihn, mit dem Smart an der Tankstelle
vorbeifahren zu können. Etwa 2 Euro zahlt er für 100 Kilometer Elektro-Fahrspaß
– theoretisch, denn Affeldt „betankt“ den Smart mit Strom vom eigenen Hausdach.
Hier arbeitetet eine zehn Quadratmeter große Photovoltaikanlage. Sie erzeugt
rund die Hälfte des Stroms, den die vierköpfige Familie braucht. Ein Teil davon
zapft Affeldt nun für den Smart ab. „Ich achte immer darauf, nur zu laden, wenn
die Sonne scheint“, sagt er. Dann zieht er ein kurzes gelbes Kabel von der
Steckdose am Haus zu seinem Smart. „Klappe auf, Stecker rein, gut ist’s.“