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Kleinmachnow - Heute Abend entscheiden die Kleinmachnower
Gemeindevertreter über die Zukunft der Kammerspiele. Die Gemeinde könnte das
von der Schließung bedrohte Kino- und Theaterhaus auf eigene Kosten retten.
Politisch ist das umstritten und auch in der Kleinmachnower Kunstszene regt
sich Widerstand. Die einen sehen in der Rettung einen Schritt zu kultureller
Vielfalt, die anderen befürchten das Gegenteil: Funktionierende Kammerspiele
könnten Geld verschlingen, das bislang anderen Künstlern zur Verfügung stand,
und einen Kampf um zahlende Gäste entfachen.
„Die Angst ist da, dass wir bald weg vom Fenster sind“, sagt Christiane Heinke.
Die Opernsängerin gehört zu den Mitbegründern des Kleinmachnower Kultraums –
einem Szene-Treff für Künstler und Kunstinteressierte. Abgesehen von der
mietfreien Unterkunft bekomme der Verein keine Unterstützung der Gemeinde, sagt
sie. Mehrmals im Monat organisiert der Kultraum Konzerte, Lesungen, Kabarett.
Die Veranstaltungen seien im Normalfall gut besucht, sagt Heinke. Den
Normalfall gebe es aber nur dann, wenn parallel keine anderen
Kulturveranstaltungen im Ort stattfinden. Ist das der Fall, teile sich die
Gästeschar. „Es gibt in Kleinmachnow nur eine begrenzte Klientel, die am Abend
weggeht“, sagt Heinke. Die Kammerspiele könnten eine zu starke Konkurrenz für
den Kultraum werden, fürchtet sie.
Rainer Ehrt, Chef des Kleinmachnower Kunstvereins „Die Brücke“, sieht den Kauf
der Kammerspiele ähnlich kritisch. Ehrt sieht darin die Gefahr des
„Kultur-Zentralismus“. Mit seinem Kunstverein hat er sich um die Nutzung des
leerstehenden Kanalarbeiterhauses am Zehlendorfer Damm 200 beworben. In den
Kammerspielen sieht er keine Zukunft für den Verein: „Kunst im Mehrzweckraum
mit Rentnergymnastik ?“, fragt er kritisch. Das Kanalarbeiterhaus biete indes
Atmosphäre, es gehört der Kommune, die Sanierung ist günstiger, ein Konzept
liegt vor. Antwort hat er bislang noch nicht.
Das Problem: Kauft Kleinmachnow die Kammerspiele, bleibt kaum Geld für den
Kunstverein. 170 000 Euro müsste die Gemeinde für den Betrieb der Kammerspiele
jährlich aufbringen, bis ein anderer Betreiber gefunden ist. Hinzu kommen Sanierungskosten
im Millionenbereich.
Michael Martens will die Kostendebatte hingegen nicht überstrapazieren. Martens
bewirbt sich mit seiner Genossenschaft für den Betrieb der Kammerspiele nach
dem Kauf durch die Gemeinde. „Die 170 000 Euro benötigen wir gar nicht“, sagt
er. Das Genossenschaftsmodell gehe von kleineren bis gar keinen Zuschüssen aus.
„Damit bleibt Geld übrig, um andere Angebote zu stärken“, sagt Martens. Der
Kauf der Kammerspiele stärke also die Vielfalt im Ort. Außerdem: „Konkurrenz
belebt das Geschäft.“ Es gelte die Gruppe der Kunstinteressierten zu
vergrößern, sagt Martens.
Interessierte scheinen zumindest in ausreichender Zahl vorhanden: Der
Förderverein „Freunde der Kammerspiele“ hat innerhalb von drei Wochen 500
Unterstützerunterschriften für den Kauf des Kinos gesammelt, teilte Ingo Sommer
gestern mit. Das sei kein Wunder, findet Michael Goldammer, Leiter der
Kreismusikschule. „Der Bedarf ist da.“ Goldammer unterstützt den Kauf der
Kammerspiele. Die Musikschule wolle das Haus wieder nutzen, so wie früher. Da
spielten die Musikschüler hier regelmäßig. Zuletzt schrumpfte die Zahl der
Konzerte auf eines im Jahr. „Das kann man wieder steigern“, sagt Goldammer.
Vorausgesetzt, das Haus wird gerettet. Tobias Reichelt