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Von Alexander Fröhlich

Bodenblockade gegen Flugrouten Demonstranten sperrten die Zufahrt zum Flughafen Der Schaden für den BBI ist gewollt

(14.03.11)

Schönefeld - Die Fluglärmgegner erhöhen den Druck: Erstmals haben sie am Samstagnachmittag die Zufahrt zum Flughafen Schönefeld gesperrt. Für 40 Minuten kam der Verkehr auf der Bundesstraße 96a zum Erliegen. Passagiere und Gäste, die mit Auto oder Bus unterwegs waren, mussten längere Fahrzeiten in Kauf nehmen – oder mehrere hundert Meter zum Terminal laufen. Das Bündnis Berlin-Brandenburg, das zum Protest aufgerufen hatte, sprach von 10 000 Teilnehmern, die Polizei von 6000. Die Polizei wollte zumindest für Rettungsfahrzeuge eine Fahrbahn freihalten.

Die Sperrung zeigt, dass der Streit schärfer wird. Das Anti-Fluglärm-Bündnis fordert ausschließlich Geradeaus-Routen, keinen Flugbetrieb in der Nacht und den Verzicht auf die Drehkreuzfunktion für den BBI. Andernfalls, hieß es, werde in dem „Jahrhundert-Konflikt für die Region“ der Protest weiter verschärft. Bündnissprecher Markus Peichl bemühte sich vor dem Protest um Sachlichkeit: „Das ist eine normale Demonstration, die wie jede andere zu einer Einschränkung des Verkehrs führt.“ Es gibt aber auch schärfere Stimmen bei den 14 Initiativen des Bündnisses. Matthias Schubert von der Initiative gegen neue Flugrouten in Kleinmachnow beispielsweise ist sich sicher, dass „die nicht auf unsere Argumente hören werden, solange die Demos keinen wirtschaftlichen Schaden für den BBI bringen“. Klar sei, dass die Demonstration das Image des Flughafens beieinträchtigen werde, „doch wir sehen keine andere Möglichkeit, die berechtigten Anliegen von Hunderttausenden von Betroffenen zur Geltung zu bringen.“

Bis Mai sind zwei weitere Demonstrationen geplant, dann soll die Deutsche Flugsicherung (DFS) ihre Vorschläge für die BBI-Flugrouten vorlegen. Anlass für die anhaltende Proteste in der Hauptstadtregion waren die im September von der DFS präsentierten Routen, da anders als im Planfeststellungsverfahren für den BBI keine Geradeaus-, sondern ein Parallelbetrieb der beiden Startbahnen mit nach Norden und Süden abknickende Flugrouten vorgesehen ist. Für den Fall, dass die Forderungen des Bündnisses nicht erfüllt sind, wollen die 14 Initiativen in Berlin und Brandenburg dann wöchentlich in Schönefeld auf die Straße gehen und für Verkehrsstörungen sorgen. „Ein Flughafen, vor dem ständig protestiert wird, erleidet einen Imageschaden“, sagte Schubert. Der Sprecher der Lichtenrade-Initiative, Simon Lietzmann, erklärte, „wir werden das Thema in den Berliner Wahlkampf bringen“.

Nach Schätzung des Bündnisses wären nach den derzeitigen Plänen mehr als eine halbe Million Menschen im Süden Berlins und in Brandenburger Kommunen von Fluglärm betroffen. Daher fordert Bündnis-Sprecher Markus Peichl, die alten Geradeaus-Starts und ein generelles Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr beizubehalten. „Alle Drehkreuzfantasien“ von Politik und Wirtschaft „lehnen wir ab“. Der BBI sei als Flughafen für den regionalen Bedarf genehmigt worden. „Wenn Berlin und Brandenburg ein Drehkreuz brauchen, soll man anfangen, es in Sperenberg zu bauen.“ Bekanntlich war die Entscheidung für den BBI-Standort in Schönefeld eine politische, Gutachter hatten in den 1990er Jahren Sperenberg empfohlen. „Der BBI soll so in Betrieb genommen werden, wie er genehmigt und ein Jahrzehnt lang angekündigt wurde“, sagt Peichl. „Das ist in einem Rechtsstaat so, es geht um Verlässlichkeit. Mit großer Freude und Vehemenz machen wir das heute klar.“

Dass die Fluglärm-Gegner ihre Kundgebung am Sonnabend nicht wie Ende Januar auf einem Parkplatz des Flughafens mit 15 000 Menschen abhalten wollten, hat auch einen anderen Grund: Die Fronten sind zunehmend verhärtet, die Flughafengesellschaft wollte diesmal keine Fläche gratis zur Verfügung stellen. „Solange die Flugrouten-Diskussion keine Flughafen-Diskussion war, war das in Ordnung. Aber einige Initiativen scheinen jetzt den Realitätssinn verloren zu haben, wenn sie den BBI in Schönefeld an sich ablehnen – und zwar gegen die Interessen einer ganzen Region“, sagte der Sprecher der Flughafen-Gesellschaft, Ralf Kunkel. Einzelne Forderungen seien nicht mehrheitsfähig, ein komplettes Nachtflugverbot sei nicht machbar, das liege unter dem, „was die Airlines als Bedarf angemeldet haben. Das wird das Wachstum des BBI mittelfristig ohnehin hemmen“, sagte Kunkel. In der Diskussion um Flugrouten werde „verkannt, dass wir in der Fluglärmkommission auf einem guten Weg sind.“ Genau das bezweifeln die Fluglärm-Gegner. Kleinmachnows Initiative-Sprecher Schubert hat bislang „kein wirkliches Einlenken“ bemerkt.