PNN

 

Dagegenoffensive

Protestzug gegen Fluglärm und BBI-Drehkreuz / Kleinmachnow zieht Routen-Vorschlag zurück (14.03.11)

Schönefeld - Demonstranten sind mitunter Poeten. „Kein Jet über meinem Bett“, hat ein Mädchen auf ihr Plakat gemalt. Andere haben die wahre Bezeichnung hinter dem Kürzel BBI entdeckt: Berliner Bürger ignoriert. Die meisten der etwa 9000 Menschen, die am Samstag in dem Proteszug am Flughafen Schönefeld marschierten, hatten ihre Botschaft indes klar formuliert. Gegen Fluglärm! Gegen Nachtflüge! Gegen ein internationales Drehkreuz und für Flugrouten, wie sie mal geplant waren.

Seit die Flugrouten für den neuen Flughafen in Schönefeld bekannt sind, schwillt der Protest. Seit vergangenem September, als die Deutsche Flugsicherung (DSF) völlig andere Start- und Landeschneisen als jahrlang kommuniziert und erwartet präsentierte, gilt das Wort vieler Berliner und Brandenburger Politiker zumindest bei potenziellen Fluglärm-Betroffenen als nicht mehr glaubhaft. Doch marschierte am Samstag, bei der zweiten groß angelegten Protestaktion, neben Wut und Entäuschung auch Skepsis mit. „Protestmüde bin ich noch nicht“, versichert der Kleinmachnower Dietrich Munk und reckt zum Beweis sein Anti-Fluglärm-Schild noch ein bisschen höher. „Ob wir Erfolg haben, weiß ich aber nicht“, gesteht er. Politiker seien stur und es seien machtvolle Interessen, gegen die man kämpfe. „Doch ich will es versucht haben“, begründet er seinen Widerstandskampf.

Dort agiert an vorderster Front Matthias Schubert. Der Sprecher der Kleinmachnower Bürgerinitiative gegen Fluglärm ist am Samstag als Multi-Funktionär auf der Bundesstraße 96 unterwegs: Er ist Versammlungsleiter der Großdemo, Plakatträger, Interviewpartner, Protestredner. „Verhunzt und verlärmt“ werde die ganze Region im Umkreis von 40 Kilometern, werde der Flughafen so gebaut, wie es Planer, Betreiber und auch Politiker derzeit vorantreiben: Als internationales Drehkreuz. Schon längst gehe es nicht mehr allein um Flugrouten, sondern um die Frage, in welcher Dimension der Airport gebaut wird. Markus Peichl vom Bündnis „Berlin Brandenburg gegen neue Flugrouten“ wusste das in Zahlen zu verdeutlichen. Statt der ursprünglich geplanten maximal 360 000 Flugbewegungen im Jahr sei inzwischen von 520 000 Start- und Landemanövern die Rede. Zehn Prozent Umsteigeaufkommen würden einem Flughafen für den regionalen Bedarf entsprechen, so wie er für Berlin-Brandenburg genehmigt wurde. Inzwischen, so Peichel, gehe man aber von mehr als 30 Prozent Flugreisenden aus, die Schönefeld nur als Transitstation sehen. „Dieser Flughafen wäre ein Monster, der das Leben in der Region für 100 Jahre verändern wird“, prophezeite Peichl. Es gäbe dann keinen Himmel mehr über der Region.

Korrekturen an den umstrittenen Flugrouten würden daran nichts ändern, ist Schubert überzeugt. Es würden lediglich neue Betroffenheiten geschaffen. Doch die 14 Initiativen stünden solidarisch zusammen. „Zwischen die Demonstranten passt kein Blatt“, versicherte Schubert. Auch der Antrag der Kommunen Teltow, Stahnsdorf und Kleinmachnow sowie des Berliner Bezirks Steglitz-Zehlenforf, der für die heutige Sitzung der Fluglärmkommission eingebracht wurde, habe nicht die Kraft eines Spaltkeils. In dem Papier wird vorgeschlagen, die Abflugroute der BBI-Nordbahn so zu verlagern, dass die Region Teltow entlastet wird. Gleichzeitig würde es aber zu Belastungen anderer Gebiete, vor allem rund um Werder, kommen. Verärgert reagierte Schubert auf den Vorstoß und zürnte über die Kommunikationspanne. Aber er versicherte: „Von unserer Bürgerinititiative wird das nicht mitgetragen“. Michael Lippoldt, Kleinmachnows Vertreter in der FLK kündigte gegenüber den PNN an, für seine Gemeinde den Antrag zurückzuziehen. Peter Könnicke