PNN
Die Bürgerinitiative Weltkulturerbe Potsdam schlägt Alarm: Laut
einem neuen Antrag für die nächste Sitzung der Fluglärmkommission könnte das
Potsdamer Stadtgebiet zum zentralen Überfluggebiet für startende Flugzeuge vom
ab Sommer 2012 geöffneten Großflughafen BBI in Schönefeld werden. Das erklärte
gestern Markus Peichl, Sprecher der in Sacrow gegründeten Bürgerinitiative,
beim alljährlichen Rosenmontag-Bürgergespräch von Oberbürgermeister Jann Jakobs
(SPD) in dem Ortsteil. „Würde der Antrag so umgesetzt, wäre über Potsdam immer
Lärm, jeden Tag“, sagte Peichl. Antragsteller seien die Gemeinden Teltow,
Kleinmachnow, Stahnsdorf und Berlin-Zehlendorf, hieß es weiter – ihr Ziel sei
es offenbar, startende Flugzeuge noch weiter entfernt vom eigenen Gebiet
fliegen zu lassen.
Konkret wird in dem Antrag die für den Routen-Verlauf letztlich zuständige
Deutsche Flugsicherung (DFS) gebeten, „südwestlich“ von Potsdam einen
„mandatory fly-over waypoint“ zu definieren – also einen Punkt, der immer
überflogen werden muss. Die in dem Antrag extra noch verwendete Formulierung,
dass mit dem vorgeschlagenen Routenverlauf auch Potsdam vor Überflügen
geschützt werde, sei nur „Kosmetik“, sagte Peichl nach der Sitzung den PNN auf
Anfrage. Denn mit so einem definierten Überflugspunkt seien in der Folge die
Potsdamer Stadviertel nördlich der Havel betroffen – mit bis zu 80 Prozent der
An- und Abflüge vom BBI pro Tag. Die Stadt solle nun stärker als bisher ihre
Stimme in der Diskussion um die Flugrouten geltend machen, so Peichl – im
Vergleich zu anderen Kommunen liege Potsdam bei diesem Thema „noch hinten“.
Oberbürgermeister Jakobs sagte mehr Engagement zu. Es werde alles dafür getan,
dass der Antrag der Nachbargemeinden bei der Sitzung der Fluglärmkommission
„keine Mehrheit“ erhalten werde. Sollte Potsdam in so großem Ausmaß von
Überflügen betroffen sein, würde die Wirtschaft in der Landeshauptstadt stark
„leiden“, so Jakobs – insbesondere im Tourismus-Bereich. Allein dort gebe es in
Potsdam derzeit rund 20 000 Jobs. Es seien „sicher“ weniger dicht
besiedelte Flächen als Potsdam verfügbar, die von den BBI-Jets überflogen
werden könnten, so Jakobs. Dafür werde sich Ordnungsdezernentin Elona
Müller-Preinesberger (parteilos), die Potsdam in der Fluglärmkommission
vertritt, einsetzen. Der rot-roten Landesregierung warf Jakobs vor, sie müsse
sich in dem Flugroutenkonflikt mehr als bisher positionieren – auch in Bezug
auf Potsdam.
Der Streit um die BBI-Flugrouten tobt seit vergangenem Herbst. Seitdem laufen
Gemeinden im Südwesten von Berlin Sturm gegen die geplanten Flugstrecken,
von denen zuvor nie die Rede war. Mehrere Klagen sind anhängig. In Potsdam
fürchtet die Bürgerinitiative Weltkulturerbe, dass angesichts fester Kriterien,
die die DFS bei der Planung von Flugrouten beachten muss – dabei geht es neben
dem Lärm um Sicherheit, aber auch um einen wirtschaftlichen Flugbetrieb –
Potsdam am Ende einen Großteil der Belastung erhalten könnte. Zudem
verweist die Initiative auch auf den Anflugkorridor für den BBI, in den Potsdam
geraten könnte. HK