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KulTOUR
Kleinmachnow - Über sieben Brücken muss man nun wirklich nicht gehen,
um zur „Brücke“ zu kommen, dem neuen Kunst-Verein Kleinmachnows im alten
Landarbeiterhaus am Zehlendorfer Damm 200. Vor Kurzem durften dort herrlich
alte Kachelöfen noch mal richtig Wärme spenden, während im Hof ein Lagerfeuer
seine Funken in den schwarzen Himmel blies. Die Truppe um Rainer Ehrt hatte
vermutlich ganz Kleinmachnow zu einer „VideoKunstNacht“ in die
denkmalgeschützte, aber noch unsanierte Kate eingeladen. Suppen, Glühwein und
anderes Getränk standen bereit, denn vor zwei Uhr nachts sollte bei den
„timelights“ Ultimo nicht sein.
Diesmal war die Bude wirklich voll, dreihundert Besucher, darunter sechs
Gemeindevertreter. Na bitte! Filme, Musik, Animationen, Videos und Live-Kunst
in vier Räumen, manche „Motion Graphics“ drängten durch die Fenster auch nach
draußen. Viel Technik brauchen solche Künste, alles ist abhängig vom Strom. Vor
allem aber von Gefühl, Wille und Erfahrung. Glücklicherweise standen dem Verein
die phantasiebegabten Jungs der Kleinmachnower Videofilmwerkstatt „Prototypen“
zur Seite. Ihr Raum – ein Mix aus Atelier und Werkstatt – war der lebendigste
von allen. Ein umgebautes Episkop warf Bilder wie vom Fließband an die Wand,
ein Laptop zeigte Banknoten aus aller Welt – wie gleich sieht ein Scheinchen
aus Bhutan oder Kongo aus? Architektur ist darauf abgebildet, aber auch
Tierbilder.
Vielleicht kann man da etwas extrahieren und verwenden, wie der
Video-Spezialist Falk Gärtner es mit seiner „live-cinema“-Arbeit tut: Er lobt
nicht den Tag, nicht die Stunde, nein, der Augenblick in seiner Stimmung hat es
ihm angetan. Mit einem Computer und einem kleinen Mischpult ausgerüstet, stellt
er je nach Situation und Gusto selbstgedrehte Video-Schnipsel („loops“) zu
einem Clip zusammen, den man sich im Stück oder in Teilen anschauen kann. Zu
elektronischen Klängen soll sich jeder nehmen, was er mag. Er nennt diese
spezielle Ästhetik in Anlehnung an die DJs einfach „VJ“. Seine Arbeiten sind so
sehr auf die Situation ausgerichtet, dass kein Repro den Geist vom Nu
zurückholen könnte. Die „Prototypen“, auch ein Internet-Radio betreibend, legen
großen Wert darauf, jedes Bild, jeden Ton, alles selber zu produzieren.
Andere Räume, andere Bilder. In einem sah man internationale Kunst-Videos aus
dem Net, im nächsten legte eine rotbehoste Dame im Kriechgang ihre eigene Spur
in die Landschaft, dabei wie Nimmersatt ständig nur Schnee mampfend. Im hintersten
Raum drehte sich eine große, vertikal gebaute Welle aus rotem Plastik langsam
und durchlöchert um sich selbst. Immer wiederkehrende Sequenzen einer
fliehenden Film-Familie mussten silhouettengleich durch diese Löcher hindurch,
was ganz erstaunliche Effekte ergab. Der Ton zum Bild auf das Äußerste
verlangsamt.
Nicht jede Produktion überzeugte, aber man muss ja nicht alles gleich „Kunst“
nennen. Oft waren die Impulse beim ersten Kleinmachnower Video-Nocturne sogar
stärker als die Bilderfolgen. Man sprach miteinander, man redete über das
Geschaute, ein besonders intellektuelles Gemüt warf sogar den Passus „positive
Synergie-Effekte“ in die Runde. Suppe fassen, weitergucken!
Was der einjährige Verein mit solchen Veranstaltungen will? Brücken schlagen.
Die Hiesigen sollen in Kleinmachnow nicht nur schlafen, sondern auch leben!
Deshalb: Fortsetzung folgt.