PNN 20.1.11
Berlin – Im Streit um die künftigen Flugrouten am neuen Flughafen
in Schönefeld schließt man im Bundesverkehrsministerium Ausnahmeregelungen nicht
aus. Die Erfahrungen anderer Flughäfen werde bei der Routenwahl berücksichtigt,
sagte am Donnerstag Staatssekretär Klaus-Dieter Scheurle. Allerdings warnte er
vor zu hohen Erwartungen. Von der Ausnahmeregelung würde Zeuthen im Osten des
Flughafens profitieren. Mit einer Ausnahmegenehmigung könnten Flugzeuge nach
dem gleichzeitigen Start von beiden Pisten geradeaus fliegen – wie es viele
Jahre lang in den für die Planfeststellung veröffentlichten Unterlagen
angegeben war. Nach internationalen Vorschriften müssten die Piloten bei
parallelen Starts nach dem Abheben um mindestens 15 Grad voneinander abknicken,
wodurch die Route in geringer Höhe über das Zentrum von Zeuthen führen würde.
Von dieser Variante der Deutschen Flugsicherung (DFS) waren die Zeuthener
völlig überrascht worden – wie im Westen die Anwohner in Lichtenrade,
Kleinmachnow, Teltow, Stahnsdorf und Wannsee.
Geradeausflüge bei gleichzeitigen Starts, bei denen die Lotsen sich nicht
untereinander abstimmen müssen, gibt es – mit einer Ausnahmegenehmigung des
Verkehrsministeriums – in München. Allerdings fliegen die Maschinen in München
nur knapp zwei Kilometer geradeaus; danach knicken die auf der Südbahn
gestarteten Flugzeuge scharf nach Süden ab. In Schönefeld müssten sie dagegen
bis zum Abknicken mehr als zehn Kilometer geradeaus fliegen, um nicht über
Zeuthen donnern zu müssen.
Die Flugsicherung hatte nach der Sitzung der Lärmschutzkommission am Montag
bereits angekündigt, auch die Möglichkeiten einer Ausnahmegenehmigung für
Geradeausflüge zu prüfen. Starts Richtung Osten gibt es durchschnittlich an
rund 100 Tagen im Jahr, an denen der Wind aus Osten bläst. Bei der Frage, ob es
überhaupt parallele Starts geben müsse, wie es der Flughafen verlangt, wollte
sich Scheurle nicht festlegen. Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) hatte im
vergangenen Jahr gefordert, die Geradeausflüge zur Basis der weiteren Planungen
zu machen, da die Menschen sich darauf verlassen hätten. Zudem hatte Ramsauer
bezweifelt, ob gleichzeitige Starts zwingend erforderlich seien. Dies hat der
Flughafen inzwischen mehrfach betont und durch ein Gutachten bestätigen lassen.
Eine Ausnahme im Luftverkehr wäre auch die Variante, bei der die Maschinen fast
unmittelbar nach dem Start Richtung Osten fast sofort nach Süden abknicken, noch
bevor sie Zeuthen erreicht haben.
Im Westen spricht vieles dafür, dass nur von der Südbahn nach dem Start
abgeknickt wird, während von der Nordbahn so wie heute geradeaus geflogen wird.
Damit bliebe der Fluglärm auf den derzeitigen Bereich beschränkt. Allerdings
sollen die Piloten, wie berichtet, auch beim Geradeausflug so frühzeitig nach
Norden abknicken, dass Berlin überflogen wird – in einer Höhe, in der die
Flugzeuge zu sehen und zu hören sind, wobei der Krach aber als nicht belastend
eingestuft wird. Klaus Kurpjuweit