PNN 19.2.11

 

Von Tobias Reichelt

Kammerspiele ja, aber...

In Kleinmachnow wird um die Zukunft des Kulturhauses gerungen, Finanzausschuss lehnt Ankauf ab (19.02.11)

Kleinmachnow - Lange hat es Harald Kretzschmar bei der Debatte um die Zukunft der Kleinmachnower Kammerspiele nicht auf dem Kinostuhl ausgehalten. Nicht etwa weil dem bekannten Karikaturisten der hölzerne Sitz im Rücken drückte, der laute Heizlüfter den Raum überhitzte, die Mikros fiepten oder sich die Farbe von der Decke pellte – nein, es war die Diskussion der Gemeindevertreter, ihre Argumente gegen den Kauf der Kammerspiele, die den 79-Jährigen in Rage brachten. „Ich kann das langsam nicht mehr fassen“, rief Kretzschmar in den Saal. „Wenn wir so weiter reden, dann seh ich schwarz, dann wird das nichts mit den Kammerspielen.“ Und danach sieht es momentan tatsächlich aus.

Am Donnerstagabend trafen sich Vertreter aller Fraktionen auf Einladung der Kleinmachnower Grünen in den Kammerspielen, um über die Zukunft des maroden Kino- und Theaterhauses zu diskutieren – wenige Minuten zuvor hatten die Mitglieder des Kleinmachnower Finanzausschusses bereits im Rathaus getan. Mit einem eindeutigen Ergebnis: Der Kauf der Kammerspiele durch die Gemeinde, vorgeschlagen von Bürgermeister Michael Grubert (SPD), wurde einstimmig abgelehnt. Grubert gab sich anschließend dennoch siegessicher. „Die Gemeindevertreter werden sich bis zur endgültigen Entscheidung im März mit der Vorlage anfreunden können.“ Er bot sogar Wetten an und begann auf dem Podium seine Suche nach Unterstützern.

In SPD-Fraktionschef Jens Klocksin fand er einen. „Kleinmachnow braucht ein Haus, in dem Kunst von vielen für viele gemacht werden kann. Es wäre doch gelacht, wenn wir das in diesem Ort nicht schaffen.“ Es gelte Prioritäten zu setzen, erklärte Klocksin, der dafür aber selbst in der eigenen Partei Werbung betreiben muss: Der SPD-Ortsvorstand hat sich gegen den Kauf positioniert.

Verständlich, sagte am Donnerstag Linkspolitiker Klaus-Jürgen Warnick. „Ich halte das Konzept für unseriös.“ Zwar könne man sich mit der Idee des Ankaufs der Kammerspiele anfreunden, aber nicht zum jetzigen Zeitpunkt. „Wir wollen keine Schulden machen. Kein Gemeindevertreter kann Geld herbeizaubern.“ In ein bis zwei Jahren sähe die Lage vielleicht anders aus. Bis dahin gelte es Zwischenlösungen zu finden.

Rund 400 000 Euro müsste die Kommune zahlen, würde sie das Haus jetzt kaufen. Geld, das aus dem Verkauf eines Grundstückes im Meiereifeld kommen soll. Zusätzlich wären aber 150 000 Euro in den Brandschutz des Hauses zu investieren und weitere 270 000 Euro, um die Kammerspiele bis Ende 2012 in Eigenregie mit einem Minimalprogramm zu betreiben. In der Zwischenzeit soll ein Betreiber gesucht werden. Mit der Kleinmachnower „Kulturgenossenschaft“ gibt es erste Interessenten. Sie versprechen 980 Kinovorführungen sowie monatliche Lesungen, Theaterstücke oder Konzerte – ohne rote Zahlen zu schreiben.

Für CDU-Politiker Ludwig Burkardt bleiben aber viele offene Fragen: „Wir brauchen erst ein vernünftiges Konzept, dann können wir über den Kauf reden.“ Die Gemeinde müsse mit Sanierungskosten von bis zu fünf Millionen Euro rechnen. FDP-Politikerin Kornelia Kimpfel warnte deshalb vor Steuererhöhungen: „Wenn die Kleinmachnower das wirklich wollen, dann sagen wir auch ja.“

Grünen-Politikerin Barbara Sahlmann warb hingegen für den Kauf. Der Anfang müsse jetzt gemacht werden, sagt sie und sprach von „kleinlichen Rechnereien“. Christian Grützmann (Wir) pflichtete ihr bei: „Wir werden mit den Aufgaben wachsen.“ Die Gemeinde werde reicher, wenn sie die Kammerspiele kaufe.

Das sieht Bik-Vertreterin Anne von Törne anders: Die Vision eines florierenden Kulturhauses sei schön, „ich habe aber über Realitäten zu entscheiden.“ Insofern könne sich Kleinmachnow das Haus nur auf Kosten anderer Projekte leisten, wie dem Ausbau der Kulturstätte „Zehlendorfer Damm 200“ oder der Sanierung des Kleinmachnower Freibads.

Für Karikaturist Kretzschmar sind das „billige Argumente“. Man dürfe die Kammerspiele nicht gegen andere Projekte ausspielen. Seit Jahren laufe diese Debatte in Kleinmachnow. „Ich bin für die Kammerspiele, die sind zehnmal besser als der fürchterliche Rathaussaal“ – und das obwohl dort die Heizung funktioniert und die Farbe an der Decke hält.