PNN 18.2.11
Kleinmachnow/Potsdam - Das mit dem Schleusenausbau in Kleinmachnow ist
für Detlef Gürgens eine klare Sache: Würde die Schleuse wachsen, spare man
Zeit, Geld und schone die Umwelt, sagt der Leiter der Heidelberg-Zement-Werke
in Königs Wusterhausen. „Wir haben einen ökologischen Anspruch.“ Etwa 1000
Tonnen Zementkalk werden täglich über den Teltowkanal und die Kleinmachnower
Schleuse mit dem Schiff und nicht mit dem Lkw zum Werk geliefert – zuletzt mit
Problemen: Während die Schiffe größer werden, bleibe die Schleuse klein. Die
Boote verlieren an Zeit und das kostet Geld. 35 Lkws müssten anrücken, um die
gleiche Menge Kalk zu liefern. Umso unverständlicher ist für Gürgens, dass der
Schleusenausbau gestoppt wurde.
Der Widerstand gegen die von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU)
angeordnete Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses zum Ausbau der
Kleinmachnower Schleuse wächst. In Potsdam präsentierten sich gestern Vertreter
der Initiative „Weitblick – Binnenschifffahrt Plus“. Angeführt von der Stadt
Königs Wusterhausen und ihrer kommunalen Hafengesellschaft Lutra GmbH machen
sie es dem brandenburgischen Verkehrsministerium gleich und haben Klage gegen
den Ausbaustopp eingelegt. Die Initiative vereint Vertreter aus Wirtschaft,
Wissenschaft und Gewerkschaften. Sie fordern die Rückkehr zum vor neun Jahren
planfestgestellten Schleusenausbau und drohen mit Schadenersatzansprüchen,
sollte das nicht geschehen. Das Bündnis könnte weiter wachsen: Auch die
Hafenbetriebsgesellschaft Eisenhüttenstadt erwägt, sich der Klage
anzuschließen, so ein Vertreter gestern.
„Wir haben gute Argumente“, sagte Anwalt Thorsten Purps, der die Stadt Königs
Wusterhausen vertritt. Es gehe um Vertrauens- und Investitionsschutz. Die Stadt
habe im Vertrauen auf den Schleusenausbau in ihren Hafen investiert. Sollte es
beim Baustopp bleiben, prüfe man Schadensersatzansprüche im „mittleren
zweistelligen Millionenbereich“. Königs Wusterhausens Bürgermeister Lutz
Franzke bezeichnete den Ausbaustopp als „komplett falsche Entscheidung“. Jetzt
nur auf die Straße zu setzen, sei „wirtschaftlicher Irrsinn“.
Vor einem „Nadelöhr“ in Kleinmachnow, warnte Reinhard Schuster, Chef der
Königs-Wusterhausener Hafengesellschaft. „Mit dieser Entscheidung wird die
Binnenschifffahrt in den wasserreichsten Ländern Berlin und Brandenburg zur
Bedeutungslosigkeit degradiert.“ Perspektivisch müsse auch der Teltowkanal
weiter ausgebaut werden, forderte er.
Auch der Energielieferant Vattenfall drängt auf den Schleusenausbau: „Wir
vertrauen darauf“, so Rainer Knauber, Vattenfall-Generalbevollmächtigter. Das
Unternehmen betreibt in Berlin mehrere Heizkraftwerke, fast alle liegen am
Wasser. Künftig wolle man in den Werken Biomasse verbrennen – dafür sei man auf
funktionierende Lieferwege angewiesen.
DGB-Gewerkschafterin Doro Zinke malte die Alternative an die
Wand: Überlange Lkws in Städten und auf Alleen, deren Einsatz werde schon
geprüft. „Es kann nicht angehen, dass Straßenverkehr gefördert wird, aber
umweltfreundlicher Schiffsverkehr nicht“, so Zinke.
Der Bund werde bei der ersatzweise angeordneten Schleusensanierung kein Geld
sparen, rechnete Axel Wunschel, Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbandes
Berlin-Brandenburg, vor. 48 Millionen Euro kosten Sanierung oder Ausbau. „Es
darf uns nicht passieren, dass wir uns erst an die Wasserstraßen erinnern, wenn
auf unseren Autobahnen nichts mehr geht.“ Brandenburg und Berlin hätten die
Chance, „Logistikzentrale“ Europas zu werden, wenn die richtigen Entscheidungen
getroffen würden.
Argumente, die Ausbaugegnerin Cornelia Behm (Grüne) nicht gelten lassen
will: „Die Initiatoren des Bündnisses müssen endlich die Augen öffnen und
eingestehen, dass sich ein höheres Verkehrsaufkommen nicht herbeibauen
lässt." Die Machnower Schleuse sei nur zu etwa zwölf Prozent ausgelastet,
sagte die Bundestagsabgeordnete gestern. Auch Minister Ramsauer hatte den
Ausbaustopp mit Verweis auf Einsparungen als auch auf das geringe
Verkehrsaufkommen begründet. Die Kleinmachnower Bürgerinitiative „pro
Kanallandschaft“ zieht deshalb ein nüchternes Fazit: „Die Forderungen des
neuen Aktionsbündnisses zeugen nicht von Weitblick.“ Mit Unverständnis
reagierte auch BUND-Chef Burkard Voß: Statt Hafenruinen zu produzieren, sollten
Politik und Wirtschaft „flussbezogene, integrierte Logistikkonzepte“ erstellen.