PNN 14.1.11

 

Von Thorsten Metzner

BBI: Platzeck will mehr Nachtflugverbote

Regierungschef verspricht Region im PNN-Interview mehr Ruhe und äußert sich skeptisch zu CCS (14.01.11)

Potsdam - Brandenburgs Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) hat sich grundsätzlich für eine Erweiterung des Nachtflugverbotes am neuen Flughafen BBI in Schönefeld für die Nordbahn ausgesprochen, womit einwohnerstarke Gemeinden im Nordwesten wie Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf von Fluglärm entlastet würden. „Ein Flugverbot auf der Nordbahn von 22 bis 6 Uhr halte ich für sinnvoll und denkbar. Es käme für eine große Anzahl von Menschen einem Quasi-Nachtflugverbot nahe“, sagte Platzeck am Donnerstag in einem PNN- Interview. „Das wird jetzt geprüft“. Bei den umstrittenen Parallelstarts halte er eine „Reduzierung auf die Stoßzeiten am Morgen und Nachmittag“ für möglich. Er sei zuversichtlich, dass es generell mit intelligenten Routen-Lösungen „für die meisten erträglich“ werde. Zurückhaltend äußerte sich Platzeck, ob das Land als Miteigentümer des BBI auf das „Wiener Modell“ – einer dauerhaften Flughafen-Abgabe je Passagier zu Gunsten der Anrainerkommunen – drängt, wie es der Vorstand der von ihm geführten Landes-SPD jüngst beschloss. Es sei ein „Aufschlag“, sagte Platzeck. Die Debatte sei „eröffnet“, „wenn es andere Möglichkeiten und Vorschläge gibt, werden wir uns das auch angucken“. Es gehe um die Frage, wie sich der Flughafen in das Umfeld einbringe.

Zu den Chancen der ebenfalls hochumstrittenen geplanten Kohlendioxidendlager in Ostbrandenburg, die für die CCS–Technologie und die Braunkohlekraftwerke der Lausitz benötigt werden, äußerte sich Platzeck skeptisch. Er machte keinen Hehl daraus, dass ein Ausstieg aus der Braunkohle nicht mehr ausgeschlossen ist, da das Land Brandenburg mit seinem CCS-Kurs kaum Unterstützung hat. Er sei „kein Hellseher“, sagte er. „Aber wenn ein Verfahren am Ende keine Mehrheit hat, die Bundesregierung sich in die Büsche schlägt, dann muss man sicher andere Wege gehen.“ Allerdings warnte Platzeck vor dramatischen Folgen für den Industriestandort Deutschland und Brandenburg, wenn die CCS-Technologie – also die Abscheidung und unterirdische Speicherung von umweltschädlichem Kohlendioxid – scheitert. Wenn man sich davon verabschiede, „ist das auch ein Teilabschied von einem Großteil der industriellen Basis“. Dann „werden wir in zehn, fünfzehn Jahren keine großen Stahlwerke, Zement- und Chemiefabriken mehr haben“. Die Gesellschaft in Deutschland müsse sich die Frage grundsätzlicher stellen, betonte Platzeck. Wenn wir „unseren Wohlstand halten wollen, müssen wir manches aushalten, das gilt bei Energie, beim Flughafen, bei Autobahnen“.

Platzeck, der selbst einer rot-roten Regierung vorsteht, kritisierte scharf die Kommunismusthesen der Linke-Bundesvorsitzenden Gesine Lötzsch. Er habe so viel Unsensibilität, Unkenntnis, Verleugnung oder auch Verweigerung nicht für möglich gehalten. Eine Belastung für das rot-rote Bündnis in Potsdam sieht Platzeck durch die „obskure“ Debatte nicht. Die Linken in Brandenburg seien verlässlich, „sie stehen auf dem Boden des Grundgesetzes, schweben nicht in Wolkenkuckucksheim“. Koalitionen der SPD auf Bundesebene mit den Linken schloss Platzeck, einst kurzzeitig SPD-Bundeschef, aus. „Man kann nicht mit einer Partei koalieren, ohne zu wissen, welches Gesellschaftsbild sie hat.“

Platzeck verteidigte vom Kabinett für 2012 beschlossenen Sparkurs, der erstmals auch reale Kürzungen bei Bildung und Hochschulen vorsieht. Es verstehe sich von selbst, dass bei einem sinkenden Gesamtetat kein Ministerium völlig ausgenommen werden könne, argumentierte der Regierungschef. Er verwies darauf, dass 80 Prozent der bisherigen Mittel garantiert seien. Allerdings macht dies beim Bildungsministerium – wegen des hohen Etats – ein Minus von 28 Millionen aus, beim Wissenschaftsministerium sollen es 27 Millionen Euro sein.