PNN 12.1.11
Kleinmachnow - Ein lautes Wolfsgeheul durchdringt die Kleinmachnower
Vorgartenidylle: „Wölfe Wuh, Wölfe Wuh, Wölfe“ rufen Stella Hildebrand und
Jan-Philip Eberhardt der kleinen Wolfsmeute vor sich entgegen. „Wuuuh“ hallt es
aus einem Dutzend Kinderhälsen leise zurück. „Ich bin enttäuscht“, sagt die
16-jährige Stella. „Wir sind hier nicht im Seniorenheim, wir sind bei den
Pfadfindern“, ermahnt sie die junge Meute und streckt ihre rechte Hand aus, um
den Wölflingsgruß zu zeigen. Das Treffen der Kleinmachnower Pfadfinder ist
eröffnet.
„Das hier sind die Wolfsohren“, erklärt die 12-jährige Luisa den neuen
Mitgliedern der Pfadfindergruppe den gerade gezeigten Gruß. Mit Zeige- und
Mittelfinger formt sie ein V. „Der Daumen beschützt die anderen Finger“, sagt
sie und klappt Daumen über Ring- und kleinen Finger. Fertig ist der
Wölflingsgruß.
Ein Lagerfeuer am Zelt, naturverbunden leben, komplizierte Knoten lernen,
Lieder singen, sich an feste Rituale halten und gemeinsam die Welt entdecken –
vor über 100 Jahren entwickelte der britische General Robert Baden-Powell die
Grundlagen der Pfadfinderbewegung. Die Idee der internationalen, religiös und
politisch unabhängigen Erziehungsbewegung für Kinder und Jugendliche
verbreitete sich bis heute auf der ganzen Welt. Seit knapp drei Jahren sind die
Pfadfinder auch in Kleinmachnow zu finden.
Die kleine Gruppe erfreut sich zunehmender Beliebtheit, erzählt Jan-Philip
Eberhardt. Der 18-Jährige leitet die „Meute“ in Kleinmachnow – dass Jugendliche
die Führung übernehmen, gehört zum Programm. „Wir haben mit zwei Kindern
angefangen.“ Inzwischen kämen etwa 20 zu den wöchentlichen Treffen in die
Kellerräume der Evangelischen Jungen Gemeinde im Jägerstieg. Jeden Montag von
16 bis 18 Uhr wird hier gespielt, gesungen und gelernt: Ein Feuer entzünden,
erste Hilfe leisten, ein Zelt aufbauen – eben das ganze Pfadfinderprogramm.
Seit neun Monaten ist auch Grundschülerin Luisa dabei. Missen möchte sie die
Treffen mit ihren Freunden nicht, sagt sie. Das ist nicht bei allen Kindern so:
„Ich wollte hier nicht her, aber Mama hat mich gezwungen“, sagt Erstklässlerin
Danika trotzig. Mit ihren neuen Freunden spielt und singt sie trotzdem ganz
gern, flüstert sie später leise, als sie zufrieden auf einem Gummibärchen kaut.
„In der Regel kommen die Kinder durch Freunde zu uns, die schon bei den
Pfadfindern sind“, erklärt Eberhardt. Dass die Kinder kommen, weil auch schon
die Eltern Pfadfinder waren, sei nicht die Regel. Eberhardt ist seit zehn
Jahren dabei. „Das begleitet einen, das ist wie jede Woche Kindergeburtstag.“
Man trifft sich, tobt sich aus, lernt Freunde kennen. Zudem werde Pfadfinderwissen
vermittelt, das auf den Pfadfinderfahrten gebraucht wird: Gemeinsam mit den
Mitgliedern des Berliner Stamms der „Kimbern“ – dem Heimatstamm der
Kleinmachnower Pfadfinder – ist die Gruppe drei- bis viermal im Jahr unterwegs.
„Bei den Fahrten kommt man aus seinem normalen Umfeld raus“, sagt Eberhardt.
Mit Zelt, Schlafsack und gerade ausreichend Proviant ging es schon nach
Schottland, Polen, Norwegen oder Bulgarien. „Wenn die Wasserflasche alle ist,
muss man irgendwo klingeln und nach neuem Wasser fragen.“ Man merke, was es
bedeute, zuhause alles zu haben, sagt Eberhardt und greift zur Gitarre: „Es
wird Zeit neue Abenteuer zu bestehen“, singt der Gruppenchef und die Wolfsmeute
stimmt mit ein. Tobias Reichelt
Informationen unter (033203) 79332