PNN 12.1.11

 

Platzecks SPD für BBI-Abgabe an Anrainer Vorstoß weder mit Berlin noch Bund abgestimmt

 

Potsdam - Nach Bürgerprotesten um Flugrouten des BBI geben in Brandenburg die von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) geführten Sozialdemokraten nach: Die Regierungspartei fordert jetzt für den neuen Airport in Schönefeld völlig überraschend die Einführung des „Wiener Modells“, also einer dauerhaften „Abgabe des Flughafens pro Tag und Passagier“, und zwar als „Ausgleich für die Anrainerkommunen“. So steht es in einem Vorstandsbeschluss, den Generalsekretär Klaus Ness am Dienstag in Potsdam vorstellte. Die SPD dringt zudem auf ein generelles Nachtflugverbot in der Zeit von 24 bis 5 Uhr. Zudem soll die rot-rote Landesregierung für die künftige Nordbahn des Flughafens ein erweitertes Nachtflugverbot von 22 bis 24 Uhr sowie von 5 bis 6 Uhr prüfen. Damit könnten laut Ness bevölkerungsreiche Kommunen wie Kleinmachnow, Teltow, Stahnsdorf und Potsdam besser geschützt werden. Ob dann die Kommunen stärker belastet würden, die von der Südbahn aus überflogen werden, müsse untersucht werden. Weiter heißt es, auf „unabhängigen Parallelflug“ sei „weitgehend zu verzichten“. Er wurde bisher als Grund für das Abknicken der Flugrouten genannt.

Ness bestätigte, dass der Vorschlag einer BBI-Abgabe an Anrainer weder mit dem Bund noch mit Berlin abgestimmt wurde. „Es ist ein Brandenburger Beschluss. Wir bringen ihn in die Debatte mit dem Bund und mit Berlin ein“, sagte er. Platzecks Generalsekretär ließ keinen Zweifel, dass das Wiener Modell nach dem Willen der SPD zur „Politik der Landesregierung wird, die das Gespräch mit Berlin und dem Bund suchen wird“. Bislang hatten die drei Gesellschafter Brandenburg, Berlin und der Bund Forderungen nach einer solchen Abgabe, die von Anrainerkommunen und der damals in Brandenburg noch oppositionellen Linken erhoben wurde, strikt abgelehnt. Ness verwies nun darauf, dass sich das Modell am Airport Wien bewährt und die Akzeptanz für den Lärm am neuen Flughafen erhöht habe. Als Abgabe-Summe nannte Ness „einen Euro pro Passagier“. Die Berliner Flughäfen hatten 2010 rund 22 Millionen Passagiere. „Wir haben keinen derartigen Prüfauftrag“, sagte Flughafensprecher Ralf Kunkel. Und Senatssprecher Richard Meng reagierte knapp: „Für den Senat hat diese Idee bisher keine Rolle gespielt.“

Der SPD- Beschluss, der auf einen Antrag der drei von den Flugrouten besonders betroffenen Unterbezirke Potsdam-Mittelmark, Potsdam und Dahme-Spreewald zurückgeht, sollte ursprünglich härter ausfallen. Doch für die Forderung nach einem generellen Nachtflugverbot zwischen 22 und 6 Uhr fand sich keine Mehrheit. Hier konnten sich die Antragsteller nur in Teilen durchsetzen.

Brandenburgs CDU-Generalsekretär Dieter Dombrowski nannte es indes gestern widersinnig, dass die SPD auf Bundesebene vehement gegen eine Luftverkehrsabgabe eintrete und nun auf Landesebene eine neue Zusatzsteuer fordere. Die Regierungspartei habe vor dem Reizthema Flugrouten kapituliert – nun solle den Bürgern der entstehende Lärm „vergoldet“ werden, so Dombrowski. Thorsten Metzner (mit ldg)