PNN 10.1.11
Von Tobias Reichelt
Anzeige
Kleinmachnow - Nein, sagt Iris Haugg, eine Popcorn-Maschine ist noch
nicht im Foyer des Augustinums zu finden. Auch Eis am Stiel oder anderer
Kino-Knabber-Spaß, wie Chips oder Nachos, sind noch nicht vorrätig. „Aber das
ist alles entwicklungsfähig“, erklärt die Kulturreferentin des Kleinmachnower
Wohnstifts – irgendwie würden die Tüte Popcorn oder eine Limo doch zum
richtigen Kinoerlebnis vor großer Filmleinwand gehören. Heute muss es erstmal
ohne gehen.
Am heutigen Montag startet das Augustinum eine Premiere: Im 250 Plätze großen
Saal des Hauses im Erlenweg werden Filme über die Leinwand flimmern – und alle
Kleinmachnower, Teltower, Stahnsdorfer oder Interessierte von weiter weg, sind
eingeladen, sie zu sehen. Bislang war das nur den Gästen des Wohnstifts
vorbehalten.
Die Kinolandschaft in Kleinmachnow soll wachsen, sagt Haugg. Ob bewusst oder
unbewusst, mit der Augustinum-Premiere platzt sie mitten in eine Kleinmachnower
Debatte um die Zukunft eines anderen Kinostandortes in der Kommune herein: die
Kammerspiele in der Karl-Marx-Straße. Bis Ende März will die Gemeinde entscheiden,
ob sie das marode Kino- und Theaterhaus vor dem wohl endgültigen Aus retten
will und selbst übernimmt. Eine teure Angelegenheit: Mindestens 1,5 Millionen
Euro kosten Kauf und Sanierung der Kammerspiele. Zudem müsste der Betrieb
ersten Hochrechnungen nach mit jährlich etwa 200 000 Euro unterstützt werden –
das entspricht in etwa dem gesamten Budget, das der Kleinmachnower Kultur im
Jahr derzeit zur Verfügung gestellt wird.
Geld, dass sich die Gemeinde angesichts der Alternativen vor Ort sparen könnte,
findet Haugg. „Wir haben hier am Augustinum den schönsten Saal Kleinmachnows.“
Es gebe viele andere Baustellen in der Gemeinde. Die Rettung der Kammerspiele
sei ein Luxusprojekt. „Man sollte überlegen, wie viel Luxus man braucht. Was
uns wirklich fehlt, ist ein renoviertes Schwimmbad“, findet sie.
Vorerst zweimal im Monat wird das Augustinum zum Kino-Abend einladen. Dafür
wurde im Edel-Wohnstift kräftig in das Kino-Projekt investiert: Ein neues
hochauflösendes Filmvorführgerät projiziert nun ein gestochen scharfes Bild auf
die 6 mal 3,5 Meter große Leinwand im Saal. Ein Abspielgerät für die
hochmodernen Blu-Rays wurde angeschafft und die ersten Filmvorführlizenzen
erworben. Das Kinoprogramm für Januar und Februar steht: Am Montag zeigt das
Augustinum um 19 Uhr den Film „The Queen“ mit Schauspielerin Helen Mirren. Am
24. Januar folgt dann der „Butterfly Effect“ mit Ashton Cutcher und im Februar
werden „Young at Heart“ und „Die Eleganz der Madame Michel“ zu sehen sein.
Außerdem sollen noch die Filme „Coco Chanel“ und „Goethe“ über die Leinwand des
Augustinums flimmern – allesamt keine aktuellen Kinofilme, aber die meisten
doch erst vor kurzem abgelaufen. „Filme, die ich im Kino verpasst habe, kann
ich jetzt im Augustinum nachholen“, sagt Haugg.
Zu sehen geben soll es sämtliche Genre – „totalen Klamauk werden wir aber nicht
zeigen.“ Die Filme starten immer pünktlich um 19 Uhr, Werbung gibt es nicht.
Der Eintritt beträgt 3 Euro. „Das ist kein Geschäft, an dem wir verdienen“,
sagt Haugg. Im Gegenteil: Angesichts der zum Teil teuren Filmlizenzen müsste
der Saal voll werden, sollen die Ausgaben eingespielt werden. „Das ist eine
Sache, die muss sich rumsprechen.“ Wird das Kino angenommen, will das
Augustinum mehr als nur zweimal im Monat zu Vorführungen einladen. Haugg will
Saal und Filme zudem Schulklassen anbieten – so könnte sich ein Deutschkurs zum
Beispiel den Film „Goethe“ ansehen.
„Wir sind hier und wir machen jetzt Kino“, sagt Haugg. Als Konkurrenz zu den
Kammerspielen will sie das Augustinum nicht sehen. Als Alternative schon: Zu
Fuß den warmen Kinosaal erreichen, einen gediegenen Film genießen und
irgendwann auch Popcorn aus der Tüte knabbern – die Kulturreferentin lädt auch
alle Kleinmachnower Gemeindevertreter dazu ein, das neue Kino-Erlebnis zu
testen. „Wenn das zur Entscheidungsfindung in Sachen Kammerspiele beiträgt,
soll mir das Recht sein.“