PNN 29.12.10
Von Tobias Reichelt
Kleinmachnow - Batman, Spiderman, Julia Roberts und Clint Eastwood –
mit jedem Schritt die Stufen des schmalen Treppenhauses hinab werden es mehr
Stars und Sternchen. Von großen Plakaten und kleineren Kinozeitschriften
lächeln die Filmberühmtheiten dem Besucher des versteckten Kleinmachnower
Reihenhauses entgegen. Winnetou gefolgt von Arnold Schwarzenegger, und an der
untersten Stufe ist es Clint Eastwood. Dann ist man da – im Reich von Michael
Martens.
Über 4000 Filme, Hunderte Kinozeitschriften, unzählige Plakate und
Filmutensilien hat der 51-jährige Kleinmachnower in seinem Keller zusammengetragen.
Wo andere Leute ihre Werkbank hüten, hat sich der Filmenthusiast ein Mini-Kino
gebaut, mit Leinwand, Filmvorführer, Lautsprecheranlage und Kinostühlen. Es ist
ein Geheimtipp. Einmal im Monat öffnet Martens seinen Kinokeller für Freunde
und präsentiert sein Programm. Der private Kinokreis existiert seit vier
Jahren, ist stetig gewachsen und wartet auf seinen Export: Kinoliebhaber
Martens hat mit einer Gruppe Kleinmachnower den Betrieb der Kulturstätte
Kammerspiele ins Auge gefasst. Eine Kulturgenossenschaft soll wieder Leben in
das marode Kleinmachnower Kino bringen.
„Seit über 40 Jahren sammle ich Filme, Filmzeitschriften und Filmutensilien“,
erklärt Martens bei einem Gang in sein privates Kinoreich. Akkurat hat er die
Wände des Vorraums zu seinem Kinokeller mit unzähligen Titelblättern
gesammelter Filmzeitschriften beklebt. Die älteste Ausgabe ist von 1978, der
„Krieg der Sterne“ ist zu lesen. Seit elf Jahren wohnt der Politikberater in
Kleinmachnow. Martens hat für die Bündnisgrünen in Wahlkämpfen gearbeitet und
war früher Landesgeschäftsführer der Partei in Berlin. Vor sechs Jahren begann
er in der Freizeit, seinen Kinokeller auszubauen.
„Der Raum war nur mit Gerümpel vollgestellt“ – da kann man mehr draus machen,
sagte er sich und begann, den 40 Quadratmeter großen Raum umzufunktionieren. Im
Internet ersteigerte er zehn Kinostühle von einem alten Berliner Kino. Er
strich die Wände rot, verlegte einen dunkelblauen Teppich und ließ sich von
seiner Mutter eine Art Kinovorhang nähen. Dazu installierte er einen Beamer an
die Decke, verteilte fünf Lautsprecher im Raum und brachte ein paar Lampen an.
Zwei Wände des großzügigen Raumes sind vor lauter Filmen kaum zu sehen. Bis zur
Decke reichen die Regale. Moderne Blu-Rays, DVDs und alte VHS-Kassetten stehen
dicht an dicht. „35 Mark hat so ein Band früher gekostet“, erzählt Martens. Im
Zeitalter der modernen Medien sind die VHS-Preise gesunken, neu gibt es die
Kassetten nur selten. „Die will keiner mehr haben.“
Auf Trödelmärkten oder im Internet macht sich der Filmesammler auf die Suche
nach den letzten gut erhaltenen Kassetten, die in seiner Sammlung noch fehlen.
Große Lücken gibt es eigentlich nicht zu stopfen. In der rund 4000 Filme
starken Sammlung findet sich fast alles. Vom ersten Arnold Schwarzenegger-Film
bis zum Hitchcock-Klassiker „Vertigo“. Auch Seltenheiten stehen im Schrank:
Mario Adorf in „Der Mafiaboss“ oder aus den 60ern der Film „Bübchen“. „In der
Umgebung gibt es sicherlich keine vergleichbar große private Filmsammlung“,
sagt Martens. Er hat alle Filme gesehen, einige öfter, andere nie wieder.
Einmal im Monat sucht er zwei Filme aus, präsentiert sie seinen Freunden. Dazu
gibt es selbstgemachte Snacks und Getränke. In den Kinokreis kommt nur, wer
sich untereinander kennt. Per Mundpropaganda werden die raren, aber kostenlosen
Einladungen verteilt.
„Wir haben hier mit über 20 Leuten gesessen, das geht gut“, sagt Martens. Mit
dem Kinokreis will er den Filmhorizont seiner Freunde erweitern. „In der Pause
oder hinterher reden wir über den Film und danach über alles andere“ –
Flugrouten zum Beispiel oder die Rettung der Kammerspiele. Eine
Herzensangelegenheit für den Kinoliebhaber. Martens selbst ist Sprecher der
jungen Kleinmachnower Kulturgenossenschaft – eine Initiative von Einzelpersonen
aus Vereinen, Kirchenkreisen und Parteien aus Kleinmachnow und Umgebung, die
sich für den Erhalt der Kammerspiele einsetzen.
Die Genossenschaft unterstützt das Vorhaben der Kommune, das Lichtspielhaus zu
kaufen. Gleichzeitig bewerben sich die Genossenschaftler für den Betrieb des
Hauses. 30 Mitglieder zählt die Genossenschaft, weitere 60 Interessierte haben
sich gemeldet. Jeder soll mindestens 2000 Euro einzahlen und erhält im Gegenzug
ein Mitbestimmungsrecht. So würde das Kinohaus zum festen Teil des Kleinmachnower
Kulturlebens. „Was dort läuft, ist unser Programm“, wirbt Martens. Einzige
Voraussetzung: Die Gemeinde müsste das Haus kaufen, sanieren und der
Genossenschaft bereitstellen. Neben Kino würde es Ausstellungen, Kabarett,
Musik und eine Kneipe geben.
Kleinmachnows Bürgermeister Michael Grubert (SPD) findet Gefallen an der Idee.
Das Modell soll in die Beratungen einfließen, sagte er. Spätestens Ende März
sollen die Gemeindevertreter dann über Kauf, Sanierung und Betrieb der
Kammerspiele entscheiden.
„Das Kinoprogramm der Kammerspiele zu übernehmen, da hätte ich schon Spaß
dran“, meint Martens. Wie im privaten Kreis würde er dann auch im großen Saal
thematische Kinoabende veranstalten. Nebenbei gibt es nette Gespräche und ein
paar Getränke aus der Kneipe im Haus. „Wenn man weiß, da ist jemand, der mit
Herzblut dahintersteht, dann kann das was werden“, findet er.
Mehr Infos zur Kulturgenossenschaft unter www.neue-kammerspiele.de